Musik Hommage an einen bedeutenden Jazzpianisten

Ich habe soeben einen der brillantesten Pianisten gehört, den der Schöpfer dieser Erde gegeben hat. (...) Er hinterlässt ein großes Erbe, das die Welt genießen kann. Michel Petrucciani – ein Wunder“, sagt der Jazz-Sänger Ahmad Jamal.

 Petrucciani Cover

Petrucciani Cover

Foto: Petrucciani Cover

Und Michels ehemaliger Weggefährte, der Schlagzeuger Steve Gadd, erzählt: „Ich erinnere mich: Einmal spielte ich in Paris mit Eric Clapton und bat Michel dazuzukommen, um mit uns zu jammen. Michels Groove war unglaublich, er hatte großes Einfühlungsvermögen, und das war ein wunderschöner Augenblick.“  (Beide Statements in Englisch zu finden im 16-seitigen Booklet der Doppel-CD.)

Zum 20. Todesjahr des französischen Jazzpianisten und -komponisten Michel Petrucciani veröffentlichte sein ehemaliges Label Dreyfus Records vor kurzem das Doppelalbum „Colors“ (Gesamtspielzeit: über 100 Minuten) mit insgesamt 18 Werken des Musikers, darunter acht Live-Aufnahmen sowie die bisher auf Alben unveröffentlichte Komposition „Montélimar“ (CD 2, Titel 9).

Petrucciani war ein außergewöhnlicher Mensch. Er litt seit seiner Geburt an der Glasknochenkrankheit und war kleinwüchsig. Der Pianist starb 36-jährig in New York 1999 an einer Lungenentzündung. Musikalisch hinterließ er rund 140 Kompositionen und spielte als erster nichtamerikanischer Künstler für Blue Notes Records und sein französisches Label Dreyfus insgesamt 16 Studioalben ein. Petrucciani gilt vielen – Jazzfans und auch -kritikern – als einer der bedeutsamsten Jazzpianisten aller Zeiten.

Das Album „Colors“ – zugleich als Doppel-CD, Doppel-LP und digital publiziert – gibt die gesamte Bandbreite von Petruccianis Schaffen wieder: Melodiöse Balladen stehen neben schnellen Titeln. Sein stetiges Hineinsteigern und Verausgaben sind ebenso erkennbar wie auch seine Liebe am „Zerbrechlichen“. Unter den 18 Stücken finden sich Solo-, Duo-, Trio- sowie Aufnahmen mit größerer Band oder auch mit einem String Quartet. Der Titel „Colors“ – gleichzeitig auch das erste Stück auf CD 1 – kann zudem die Synästhesie/Verbindung von Farben und Tönen bei Petrucciani verdeutlichen: „Ich gebe Farbe in jede Note. So ist für mich das A grün, das C rot, das G blau, das E braun, das F ist gelb, und so fort“, verriet er einst einem französischen Magazin.

Hinter Petruccianis Stücken verbirgt sich immer auch eine Anekdote oder auch eine Geschichte. So bezieht sich zum Beispiel „Hidden Joy“ (CD 1, T. 4) auf die Geburt seines Sohnes Alexandre, „Brazilian Like“ (CD 1, T. 6) bringt zum Ausdruck, dass Michel ein großer Verehrer der brasilianischen Musik war. Witzig auch seine Wortspielereien wie beim Titel „Little Peace in C for U“  (CD 2, T. 2). Unglaublich zudem seine wahren „Tasteneskapaden“ etwa bei „Home“ (CD 1, T. 7) oder „Cantabile“ (CD 2, T.1). Dem Album sind im Booklet Statements bekannter (Jazz-)Musiker – Marcus Miller, Charles Lloyd,  Lenny White, Ahmad Jamal und Steve Gadd – zu Petrucciani beigefügt. Insgesamt: eine gelungene Hommage an einen sehr bedeutenden Pianisten und Komponisten des Jazz.

                            Jörg Lehn

 Michel Petrucciani starb 1999 im Alter von 36 Jahren. Er gilt als einer der herausragenden Jazzpianisten des 20. Jahrhunderts.

Michel Petrucciani starb 1999 im Alter von 36 Jahren. Er gilt als einer der herausragenden Jazzpianisten des 20. Jahrhunderts.

Foto: picture-alliance / dpa/Kay_Nietfeld

Michel Petrucciani: Colors. Doppel-CD, BMG/Francis Dreyfus Music, London 2019.

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