KOLUMNE

Nun sind Sie tatsächlich Vorsitzender der SPD. Also jedenfalls waren Sie's noch gestern, als ich diesen Artikel geschrieben habe. Bei den aktuellen Verfallsdaten für SPD-Chefs muss man ja vorsichtig sein.

Ein bisschen stolz bin ich ja schon, dass einer aus dem Land der Reben und Rüben es so weit gebracht hat im Reich der Rambos und Ränkeschmiede. Aber Vorsicht: Ihr doppelter Amtsvorgänger Rudolf Scharping ist damals als auch als kraftvoller Stier in Mainz losgestürmt und als Ochse vom Dienst in der Hauptstadt angekommen. (Na ja, ich gebe zu, "stürmen" ist bei Scharping vielleicht etwas übertrieben, aber trotzdem...) An der Spitze weht halt doch ein anderer Wind, und da werden Leute vom Lande oft ein bisschen von oben herab angesehen. Haben Sie das Presse-Echo auf ihre Wahl gelesen? Das mit dem "Parteipapa", dem "pfälzischen Biedermeier", dem "Wohlfühltyp" oder dem "pausbäckigen Gesicht der SPD"? Das klingt zwar noch ganz nett, ist aber nicht unbedingt so gemeint. Da warten einige nur drauf, Ihnen die Schelle des Steinfelder Dorfschulzen umzuhängen. Dabei wird übersehen, dass Sie ganz neue Qualitäten entwickelt haben. Zum Beispiel die des Womanizers. Nicht nur, weil die Rheinland-Pfälzerinnen Sie massenhaft gewählt haben, trotz des Gegenkandidaten mit der James-Bond-Aura. Man beachte das sanfte Schnurren von Andrea Nahles, sobald der Name Beck fällt. Statt des Dolches soll sie neuerdings einen Palmwedel im Gewande tragen. Oder die strahlenden Augen von Schulministerin Doris Ahnen, wenn sie im SWR-Interview gar nicht müde wird, Ihre Vorzüge zu preisen. Nach Brioni-Gerd und Halstuch-Münte nun ein Mann mit Bart und Bauch als Vertrauensträger: Das macht Hoffnung, auch wenn beide Attribute bei Ihnen tendenziell im Schwinden begriffen sind. Aber Vorsicht ist trotzdem angesagt. Der Pfälzer Beck-Stil, so schreibt die Berliner Zeitung, zeichne sich dadurch aus, dass der Zug erst abfährt, wenn auch wirklich alle eingestiegen sind. So ist es tatsächlich an der Bahnstrecke zwischen Zweibrücken und Ludwigshafen. Allerdings ist dafür der Anschlusszug an der Rheinschiene oft schon weg. Dieter Lintz

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort