KOLUMNE

wer wird denn so empfindlich sein? Nur weil der Moderator Jörg Wontorra ganz vorsichtig angedeutet hat, Ihre permanenten Ausfälle und Verbal-Attacken könnten mit dem übermäßigen Genuss jenes Getränks zu tun haben, für dass Sie mit Freundin Simone so reizend Werbung machen.

Also ehrlich gesagt: Ich finde Wontorras Erklärungsvorschlag eigentlich ganz schmeichelhaft für Sie. Ansonsten müsste man annehmen, Ihr unsägliches Auftreten, die arroganten Sprüche, das frauenfeindliche Gehabe und was der Zicken mehr sind, seien auf charakterliche Defizite zurückzuführen. Da ist doch die Vorstellung, Sie hätten einfach nur einen über den Durst getrunken, wenn Sie wieder mal losballern, entschieden sympathischer. Oder, wie Ihr Aufsichtsratsvorsitzender Tönnies gesagt hat: "Wenn jemand meint, er muss mit eineinhalb Promille eine Pressekonferenz machen, dann muss man das tolerieren." Recht hat der Mann, schließlich sind ja nicht die Anonymen Alkoholiker Sponsor von Schalke, sondern eine Biermarke. Wie anders als im benebelten Kopf könnten Sprüche entstehen wie Ihr legendäres "Die Entscheidung über die Trainer-Entlassung fiel in der Nacht von Samstag auf Montag"? Oder die geradezu Lyrik-verdächtige Analyse "Heute herrscht schweigende Stille"? Auch Ihre Gedächtnislücken beim Transfer des Mainzer Spielers Azaouagh lassen sich mit überhöhten Promillewerten freundlicher erklären als mit der Absicht, die Mainzer um das Geld zu behumsen. Nicht zu reden von Ihrem Notalarm auf dem Stuttgarter Flughafen, den Sie ausgelöst hatten, weil Sie Ihren Flieger nicht mehr fanden. Kurz gesagt: Es gibt eigentlich keinen sonderlichen Grund, warum sich Herr Wontorra bei Ihnen entschuldigen sollte. Oder haben Sie sich damals entschuldigt, als Sie zum bekannt trinkfesten Udo Lattek sagten, er solle "sein Weißbier trinken und die Klappe halten"? Bleiben Sie doch einfach das letzte Fußball-Original. Mit allen Ihren Macken. Aber stecken Sie dann auch genau so viel ein, wie Sie austeilen. Dieter Lintz