KOLUMNE

Glückwunsch, das haben Sie mal wieder super hingekriegt. Seit zwei Jahrzehnten schaffen Sie es, mit dem talentarmen Trällern bedeutungsloser Schlager den Status eines Weltstars aufrechtzuerhalten. Und das nur deshalb, weil Sie es perfektioniert haben, ein Minimum an Inhalt mit einem Maximum an Verpackung zu kombinieren.

Des Kaisers neue Kleider waren eine hoch seriöse Garderobe, gemessen an der platten Inszenierung Ihrer Shows. Sadomaso zieht nicht mehr so recht, das gibt's längst in allen Fernsehprogrammen zur besten Familien-Sendezeit. Da muss man halt noch eine Schippe drauflegen: Aids und Jesus, Dornenkrone und verhungernde Kinder als schicke Montur für ein paar Tanzliedchen. Nur dass leider kein kleines Kind vor der Bühne steht und feststellt, dass sich hinter all dem Brimborium im Prinzip nur ein aufgeblasenes Nichts verbirgt. Eigentlich hatte ich gedacht, man hätte langsam vor Ihnen Ruhe. Alle Filme der letzten Jahre waren angemessen gefloppt, nach den Alben krähte in den USA kein Hahn mehr, die Chart-Hits waren bei Abba recycelt oder anderswo geklaut. Und selbst Ihren unverbrüchlichen Fans in den Feuilletons fiel immer weniger ein, mit dem sie ihrer geneigten Leserschaft das penetrante Selbst-Kopieren als Kreativität hätten verkaufen können. Die größten Schlagzeilen machte zuletzt Ihr Vorschlag an Premierminister Tony Blair, Atommüll mit mystischem Kabbala-Wasser zu reinigen. Ein Geheimtipp exakt auf Ihrem Niveau. Aber kaum droht Ihnen der verdiente finale Abgang in die 80er-Jahre-Gruselkiste, finden sich ein paar nützliche Deppen, die Ihnen wieder Publicity verschaffen. Bischöfinnen, die zum Boykott aufrufen. Staatsanwälte, die Untersuchungen ankündigen. Oder, ich geb's ja zu, Journalisten, die Kolumnen darüber schreiben. Dabei wäre gar kein Grund zur Aufregung gewesen. Sie hätten Ihre Konzerte gegeben, es wären eine Menge Leute gekommen, nicht ganz so viele wie bei Pur oder den Kastelruther Spatzen, aber egal, jeder soll haben, was ihm Spaß macht. Aber bitte nicht so tun, als sei es ein epochales Kultur-Ereignis. Dieter Lintz

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