Kolumne Schwimmen und tanzen

Kann denn Baden Sünde sein? fragt eine Ausstellung in Bregenz am Bodensee. Nun, zur Zeit schon – wenn man es mit Abstand und Hygiene nicht allzu genau nimmt. Und damals, also etwa ab dem 17. Jahrhundert an, erst recht, denn Sitte und Moral verboten strengstens das Beisammen nur halb bekleideter Jungs und Mädels.

 Komponist Mikis Theodorakis – hier auf einem Archivbild aus dem Jahr 2001 – wird 95 Jahre alt.

Komponist Mikis Theodorakis – hier auf einem Archivbild aus dem Jahr 2001 – wird 95 Jahre alt.

Foto: dpa/Orestis Panagiotou

(Wie locker drauf waren im Gegensatz dazu deren Vorfahren im Mittelalter, wo man in den gemeinschaftlich genutzten Badehäusern nicht nur beim Sauberwerden eine Menge Spaß haben konnte!) Die Ausstellung im Bregenzer Martinsturm (bis 31. Oktober) erzählt die Geschichte der Badekultur vom 17. Jahrhun­dert bis in die 1980er-Jahre, wobei der Bodensee-Ort quasi als pars pro toto für die gesamte Schwimmkultur jener Jahrhunderte steht. Die erste Bregenzer Badeordnung stammt von 1644. Damals konnte eigentlich kaum jemand schwimmen, und man darf sich das „Schwimmen“ als ziemlich zielloses Herumplanschen im Wasser vorstellen. Das änderte sich erst 1825, als die erste Militärschwimmschule eröffnet wurde, um den Menschen die gefahrlose Fortbewegung im nassen Element zu ermöglichen. Baden als Freizeitvergnügen entwickelte sich erst im Lauf des 20. Jahrhunderts. Und da Paare und Familien die Freizeit in der Regel lieber gemeinsam als getrennt verbringen wollen, eröffnete Bregenz 1932 sein erstes Familienbad. Drei Jahre später konnte man sich dann im Strandbad direkt im Bodensee vergnügen.

Zum Baden war er nicht auf einen See angewiesen, sondern hatte gleich ein ganzes Meer vor der Haustür: Mikis Theodorakis. Vor 95 Jahren, am 29. Juli 1925, wurde er auf der ägäischen Insel Chios, nur wenige Seemeilen von der türkischen Küste entfernt, geboren. Dass er sich für Musik begeisterte, verdankt er Ludwig van Beethoven. Ein Film über den Bonner begeisterte den Griechen so sehr, dass er seinen Vater, der oft in Athen zu tun hatte, bat, „mir alles zu bringen, was er in der Hauptstadt über Musik finden konnte. So fing es an.“ Ehe er jedoch als Komponist zu Weltruhm kam, engagierte Theodorakis sich politisch. Während des Zweiten Weltkrieges schloss er sich dem kommunistisch dominierten Widerstand an. Beim Bürgerkrieg (1947-1949) schlug er sich auf die Seite der Linken. Er wurde in die Verbannung geschickt und gefoltert. Selbstredend wurde seine Musik in Griechenland verboten. Und während die Welt in den 1960er Jahren nach „Zorba‘s Dance“ in den griechischen Tavernen zwischen Souflaki und Ouzo tanzte, konnten seine Mitbürger seine Werke nur in ausländischen Radiosendern hören, die die Quelle für unabhängige Nachrichten waren. Komponiert hat Theodorakis schon lange nichts mehr. Dafür ist er bis in die Gegenwart politisch aktiv geblieben – mal im linken, mal im konservativen Lager, zwischen denen er wechselte, wenn ihm irgendetwas an der Richtung nicht passte – zum Beispiel der radikale Sparkurs von Regierungschef Alexis Tsipras, dem er bei seiner Wahl 2015 noch versprochen hatte: „Ich stehe dir bei.“ Aus Protest gegen Tsipras gründete Theodorakis eine Bewegung gegen die „Unterwerfung Griechenlands“. Die Partei ist jedoch längst Geschichte – im Gegensatz zu seinen Kompositionen, mit denen er Musikgeschichte geschrieben hat. no/dpa

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