Konsequent Comedy

Trier · Den Vorgeschmack gab\'s schon zum Saisonfinale im Juni. Jetzt ist der turbulente "Barbier von Sevilla" für elf Vorstellungen wieder da, teilweise neu besetzt, mit kleinen Veränderungen im Ablauf. Die Wiederaufnahme-Premiere fand freundlichen Applaus.

 Zwei Intriganten planen Übles: Doktor Bartolo (Alexander Trauth, vorn) und Don Basilio (Pawel Czekala). Foto: Theater Trier

Zwei Intriganten planen Übles: Doktor Bartolo (Alexander Trauth, vorn) und Don Basilio (Pawel Czekala). Foto: Theater Trier

Trier. Der Gag von Regisseur Nils Cooper, das Stück auf einer Baustelle beginnen zu lassen, mit einem Hausmeister, der das Geschehen stumm begleitet, bekam durch die Umbauarbeiten im Trierer Haus eine ungeahnte Aktualität. Cooper hat die Wiederaufnahme genutzt, um ein paar Längen zu eliminieren und allerlei Feinschliff vorzunehmen.
So läuft seine Grundidee vom "Spiel im Spiel" bei Rossinis Komödie um einiges runder als vorher. Die pralle Commedia dell\'arte mit ihren köstlich-künstlichen Figuren und derben Kapriolen entfaltet jede Menge Charme. Die Regie entscheidet sich konsequent für Comedy, verzichtet auf Hinterfragung und Charakterzeichnung - bewegt sich aber stilistisch auf beachtlichem Niveau.

Unterhaltsame Variante


Das Wechselspiel mit dem Hausmeister (Hans-Peter Leu), der in die Handlung hineingezogen wird, ist akzentuierter geworden. Die Frage, warum Titelheld Figaro hier weniger ein gehetztes Faktotum ist als ein mephistophelischer Strippenzieher, bleibt unbeantwortet. Vielleicht muss man sie aber auch gar nicht stellen, denn unterhaltsam ist diese Variante allemal.
Die Wiederaufnahme bestätigt einige Eindrücke: dass das Trier er Ensemble mit dem kraftvollen Figaro Carlos Aguirre und dem stark aufspielenden Bartolo Alexander Trauth zwei junge Baritone der Extraklasse aufbieten kann. Dass der Chor sich in Sachen Agilität und Präzision hinter niemandem verstecken muss. Oder dass das Orchester unter Victor Puhl genau jene Mischung aus Leichtigkeit und Finesse entwickelt, die Rossini braucht.
Bemerkenswertes Debüt für Claudia-Denise Beck als Rosina: ein wunderbar tief timbrierter Mezzosopran, ohne störendes Vibrato, beweglich, spielfreudig. Manchmal vielleicht ein bisschen beklommen bei dieser bislang größten Aufgabe ihrer Karriere, aber das wird sich legen. Im Rollentausch hat die bisherige Rosina Evelyn Czesla die kleinere Partie der Marzelline übernommen, der sie engagiert Profil verleiht - Ausdruck eines funktionierenden Ensemble-Geistes.
Als Graf Almaviva ist Patrick Henckens für Svetislav Stojanovic eingestiegen, ein Mann vom Koloratur-Fach, stimmgewandt und mit einer gewissen Eleganz ausgestattet. Wenn man ihn denn hört. Aber allzu oft geht der Gast unter, verschwindet zwischen Orchester und Solisten-Kollegen im akustischen Nirwana.
Ganz im Gegensatz zum kurzfristig eingesprungenen Michail Milanov, der dem erkrankten (und deshalb nur mimenden) Pawel Czekala aus dem Orchestergraben seinen durchschlagskräftigen Prachtbass leiht - so saftig klingt die Verleumdungsarie selten. DiL

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