Kraftvoll, aber ohne Schub

Trier · Die Zeit um Pfingsten ist für die Region Trier die Zeit, in der die Serien der Orgelkonzerte beginnen. Traditionsgemäß ging Domorganist Josef Still als Erster an den Start.

 Die Schwalbennestorgel im Dom. Foto: TV-Archiv

Die Schwalbennestorgel im Dom. Foto: TV-Archiv

Trier. Für die rund 200 Besucher des ersten Konzertes der internationalen Orgeltage im Trierer Dom hatte Still zwei gewaltige Brocken in sein Programm aufgenommen. Er hatte den Abend Louis Vierne gewidmet, dem Organisten der Kathedrale Notre Dame in Paris, der vor 75 Jahren starb.
Insgesamt sechs Symphonien für Orgel hat der blinde Vierne der Nachwelt hinterlassen. Zwei von ihnen, die erste und die dritte, Opus 14 und 28, hatte Still vorbereitet. Viernes Musik ist anspruchsvoll in jeder Hinsicht. Sie verlangt nicht nur vom Interpreten, sondern auch vom Zuhörer die volle Aufmerksamkeit.
Spieltechnisch wurde Still den Anforderungen voll und ganz gerecht. Er stellte wieder einmal unter Beweis, dass Trier mit ihm einen Domorganisten hat, der in die Spitzengruppe der konzertierenden Musiker gehört. Virtuosität war für ihn ebenso kein Fremdwort wie Feingefühl. Schnelle Passagen, sowohl im Pedal als auch in den Manualen, gingen ihm ebenso leicht von der Hand wie die lyrischen Anteile, die er fein ziseliert darzustellen wusste. Dabei konnte er natürlich davon profitieren, dass er "seine" Domorgel mit ihren zahlreichen Klangmöglichkeiten bestens kennt. Aber genau dort, bei der Orgel, lag auch die Krux des Abends. Die Finale der beiden Symphonien verlangen nach einem Instrument, das nicht nur den Kirchenraum füllt, sondern mit Macht erobern kann. Die Trierer Domorgel ist ein kraftvolles Instrument, aber für die französische Symphonik fehlt ihr der letzte Schub. Jenes tragende Element, das wirklich in die Tiefe geht und mitreißt. Still konnte trotzdem begeistern und bedankte sich mit zwei Zugaben für den langen Applaus.

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