Literatur Zum Tod von Jacques Berndorf: Abschied vom Erfinder des Eifel-Krimis

Hillesheim · Die Eifel und Leser in der ganzen Republik trauern um Krimi-Autor Michael Preute alias Jacques Berndorf. Er starb am Sonntag nach längerer Krankheit im Alter von 85 Jahren.

 Jacques Berndorf, Autor der Eifel-Krimi-Reihe, ist im Alter von 85 Jahren in Dreis-Brück (Vulkaneifel) verstorben.

Jacques Berndorf, Autor der Eifel-Krimi-Reihe, ist im Alter von 85 Jahren in Dreis-Brück (Vulkaneifel) verstorben.

Foto: dpa/Uwe Zucchi

Mehr als sechs Millionen Menschen lasen seine Eifel-Krimis und begleiteten seinen ebenso bärbeißigen wie liebenswürdigen Helden Siggi Baumeister dabei, wie er Pfeife schmauchend allerlei Schweinereien in der Eifeler Unterwelt aufdeckt.

Am Sonntagnachmittag ist Krimi-Autor und Journalist Michael Preute alias Jacques Berndorf im Alter von 85 Jahren gestorben. Nach Auskunft seines Verlegers Ralf Kramp ging es Preute wegen Herzbeschwerden schon länger nicht gut. „Eigentlich war er selbst überrascht, dass er so alt geworden ist“, sagt Kramp. In der ersten Hälfte seines Lebens habe Preute mit Alkoholismus und einem Leben am Limit zwei bis drei Leben verbrannt. Doch dann sei er in die Eifel gekommen. „Und hier wurde alles ruhiger und gesünder“, sagt Kramp über seinen Freund, den bekanntesten aller Eifel-Autoren und einen der erfolgreichsten deutschen Krimi-Schreiber und Hörbuch-Sprecher.

Jeder, der diese Stimme je gehört habe, werde sie für immer im Ohr haben, schreibt Kramp in einem Nachruf für den Wahl-Eifeler, den er vor 29 Jahren kennengelernt hatte und sich damals noch über dessen Latzhose und verwaschenes T-Shirt, Bollerofen und Pfeifenmief wunderte. „Diese raue, knarzige Stimme, die Geschichten vom Leben erzählte, von Land und Leuten, die mit brutaler Beiläufigkeit die harten Fakten präsentierte, die er als Journalist und Krimiautor recherchiert hatte, nur um gleich darauf eine muntere Katzen-Geschichte zum Besten zu geben.“

Als Michael Preute die Eifel entdeckte

1936 in Duisburg geboren, bricht Preute das Gymnasium und Medizinstudium ab, um Journalist zu werden. Nachdem er jahrelang aus Kriegs- und Krisenregionen der Welt berichtet hatte, zieht es ihn 1984 in die Einsamkeit der idyllisch grünen Eifel. Im Gepäck hat er die Rechercheaufträge überregionaler Nachrichtenmagazine und genug Ideen für fast zwei Dutzend Eifelromane. Der erste Eifel-Krimi (Eifel-Blues) erscheint im Jahr 1989. Mit ihm legt Berndorf nicht nur die Basis für seinen immensen eigenen literarischen Erfolg, sondern auch für den des deutschen Regionalkrimis, der ohne den brummigen Baumeister und seine witzig-spannenden Eifel-Recherchen so nicht denkbar gewesen wäre. Ein Erfolg, von dem im Laufe der Jahrzehnte noch viele andere Krimiautoren in der ganzen Republik profitieren.

„Wir trauern um Michael Preute, den Vater der Regionalkrimis“, schreibt denn auch die rheinland-pfälzische Kulturministerin Katharina Binz am Montag kurz nach Bekanntwerden der Nachricht. Die Idee, den Plot von Kriminalromanen aus der Stadt zu holen und ihn im Idyll des ländlichen Raumes spielen zu lassen, habe Leserinnen und Leser millionenfach in ihren Bann gezogen. „Mit seinem Wirken hat Michael Preute nicht nur ein neues literarisches Genre geschaffen, sondern auch die Kulturlandschaft in Rheinland-Pfalz bereichert.“ Nicht zuletzt gab Preute den Anstoß zum Festival ‚Tatort Eifel‘.

Als Preute-Berndorf mit Romy Schneider flirtet

Er habe Preute-Berndorf weder zum Gott noch zum Guru verklären wollen, sagte Volksfreund-Redakteur Fritz-Peter Linden, nachdem 2011 seine Biografie über Berndorf erschienen war. Oder wie es in einem Artikel heißt, den der stellvertretende TV-Chefredakteur Peter Reinhart damals schrieb: „,Glockenunke passt viel besser.‘ Jene Amphibie aus der Gattung der Froschlurche, die in einem Teich nahe des verlassenen Steinbruchs im Ort Berndorf haust – und in zahlreichen Eifel-Krimis. Ein Unkerich also, dieser Preute-Berndorf. Er ohrfeigt Chefredakteure und flirtet mit Romy Schneider. Er leert zwei Flaschen Whiskey am Tag und pumpt sich mit Tabletten voll. Er verdient Unsummen und verschenkt alles. Er ruiniert Ehen und Familien. Einen Selbstmordversuch überlebt er knapp. Als abgerissener, abgebrannter, abgefuckter Starreporter und Weltenbummler verirrt er sich 1984 in die Eifel. Und bleibt. Er hat den Blues, er häutet sich, zum wiederholten Mal, er fängt ganz von vorn an. Kein Alkohol mehr. Keine Tabletten. Keine Extravaganzen. Aus Michael Preute wird Jacques Berndorf. Der Rest ist Legende. Krimi-Legende. Millionenfach verkauft“, schrieb Reinhart 2011.

Mit Berndorf ist ein „Aushängeschild der Eifel“ verstorben. Seine Romane sind nicht nur von der Biografie des Autors durchdrungen, sie sind allesamt Liebeserklärungen an seine Wahlheimat.

Oder wie Verleger und Freund Ralf Kramp es formuliert: „Was er hier in der Eifel, die er immer gerne den „schönsten Arsch der Welt“ nannte, hinterlässt, ist etwas, für das andere Regionen Bataillone von Touristikern, Beratern und Planungsbüros verschleißen.“ Er habe die Eifel zur literarischen Landschaft gemacht, zu einem Flecken, „in dem sich spröde Schönheit und abgründige Gräueltaten zu einer unvergleichlichen Mischung vereinen“.

Das Vermächtnis von Michael Preute alias Jacques Berndorf

Man solle aber bitte nicht auf die Idee kommen, einen Platz oder eine Straße nach ihm zu benennen. „So etwas lag ihm nicht.“ Auch die vielen Preise hätten ihm wenig bedeutet. „Was ihm wirklich wichtig war, das waren Freundschaften, und zwar solche, die nicht überstrapaziert wurden. Er war einer zum Reden – und was noch prägnanter war – einer, mit dem man sehr gut und ausgiebig schweigen konnte“, schreibt Kramp.

23 Romane rund um den Ermittler Siggi Baumeister erscheinen. Hinzu kommen weitere Krimis und Sachbücher. 2019 hatte Jacques Berndorf erklärt, mit dem Schreiben aufzuhören. Zuletzt lebte er zurückgezogen im beschaulichen Dörfchen Brück in der Vulkaneifel. Wie Kramp berichtet, war Preutes Frau Geli an dessen Seite, als er am Sonntag starb.

„All das Lob, das jetzt über Dich verbreitet wird, das musst Du aushalten, wo auch immer es Dir zu Ohren kommen sollte“, lauten Kramps letzte Worte an den Freund, „Du hast es verdient. Nur eines noch: Du warst ein lausiger Sänger. Wenn Du „Der alte Seebär“ geschmettert hast, wurde die Milch sauer.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort