Künstlerisches Kraftzentrum

Luxemburg · Ihr Optimismus ist unverkennbar. Mitte 2012 wollen Matthias Naske und Stefan Rosu die Fusion von Philharmonie und Orchestre Philharmonique mit allen ihren künstlerischen, juristischen und personellen Aufgaben bewältigt haben. Das neue künstlerische Kraftzentrum in Luxemburg wird dann auch auf die Trierer Region ausstrahlen.

 Matthias Naske (links) und Stefan Rosu sind die Luxemburger Kulturmacher. TV-Foto: Martin Möller

Matthias Naske (links) und Stefan Rosu sind die Luxemburger Kulturmacher. TV-Foto: Martin Möller

Luxemburg. Die beiden Herren auf der Couch im vierten Stock der Luxemburger Philharmonie erwecken nicht den Eindruck von Intimfeinden. Philharmonie-Generaldirektor Matthias Naske und Stefan Rosu, der beim Orchestre Philharmonique du Luxembourg die schwer übersetzbare Funktion des Administrateur General einnimmt - jedenfalls ist er für die Fusion beider Einrichtungen zuständig -, beide zeigen sich zufrieden mit der Zusammenarbeit und noch mehr mit dem Stand des Fusionsprojekts von Philharmonie und Orchestre Philharmonique (OPL) (der TV berichtete).
Neuer Tarifvertrag


Voraussichtlich Ende 2011 wird das luxemburgische Parlament zur Verschmelzung ein Gesetz verabschieden. Dann löst sich das Orchester von seinem Träger, der Stiftung Henri Pensis, und wird, ohne seine künstlerische Eigenständigkeit aufzugeben, mit der Philharmonie Teil eines neuen "Etablissements public".
Das ist, wie Matthias Naske erklärt, eine privatrechtliche Institution, die dem luxemburgischen Kulturministerium vorgeschaltet ist. An der Spitze des neu formierten Unternehmens stehen - wer hätte es anders gedacht! - Matthias Naske und stellvertretend Stefan Rosu. Im Sommer 2011 wurde für das gesamte Haus, aber vor allem für das Orchester ein neuer Tarifvertrag abgeschlossen. Der tritt Anfang 2012 in Kraft und sieht für die Musiker einen neuen, weiteren Einsatzbereich als bisher vor. Pädagogische Projekte gehören dazu, aber auch Kammermusik soll Teil der offiziellen Orchesterarbeit werden.
Im Orchestre Philharmonique der Zukunft werden künstlerische, pädagogische und auch soziale Aspekte neu austariert. Naske: "Es genügt nicht mehr, nur gut zu musizieren." Personell hat man die notwendigen Veränderungen ohne harte Einschnitte bewältigt. Orchesterdirektor Olivier Frank wechselte zum Institut Pierre Werner, einem wichtigen Katalysator im luxemburgischen Kulturleben. Und die wenigen Personen, deren Tätigkeit durch die Bündelung organisatorischer Funktionen entfiel, konnten in andere Bereiche versetzt werden.
Die Zusammenarbeit mit Chefdirigent Emmanuel Krivine stehe außer Frage, beteuern Naske und Rosu unisono. Und dass nicht der Chef die Eröffnungskonzerte am 22./23. September dirigiert, sondern der renommierte Gast Jiri Belohlavek, erklären sie mit Verweis auf die gefüllten Terminkalender beider Dirigenten.
Werden Philharmonie und Orchester nach der Fusion auch im deutschen Teil der Großregion aktiv? Bei dieser Frage wird Matthias Naske geradezu euphorisch. "Wir sind gerne in der Trierer Region aktiv. Das ist ein extrem wichtiger Teil unserer Aufgabe". Ein Präsent für die Trierer Kultur hat er auch parat. In Verbindung mit dem Chorwettbewerb der European Broadcasting Union soll im Oktober 2013 eine Chorkonzertreihe stattfinden, ein "richtig großes Festival". Dass die Chöre an der Mosel dabei zu den wichtigsten Ansprechpartnern gehören, versteht sich.
Saisoneröffnung des Orchestre Philharmonique ist am 22./23. September, 20 Uhr, Philharmonie. Werke von Martinu, Schumann und Dvorak, Jean-Guihen Queyras, Violoncello, Dirigent: Jiri Belohlavek. Karten 00352-2632 2632, www.philharmonie.lu
Meinung

Wie wär\\'s mit einer Kulturregierung?
Gestandene Geschäftsleute wussten es schon immer: Konkurrenz hebt\'s Geschäft. Sie ist nur dem lästig, der selber keine Ideen hat. Die Neuformierung des Luxemburger Kulturlebens, die mit der Fusion von OPL und Philharmonie noch lange nicht beendet sein wird, kann für Trier eine Chance sein. Trotz der anstehenden Kürzung öffentlicher Mittel - in seiner künstlerischen Substanz ist das regionale Trierer Musikleben bestens vorbereitet auf die Expansion der Luxemburger Musikkultur. Mit dem Mosel Musikfestival hat sich seit Jahren ein künstlerisch hochwertiges und publikumsfreundliches Musikfestival etabliert. Im Theater sucht und findet man neue Wege zu Kunst und Publikum - die ausverkaufte "West Siede Story" ist ein schlagender Beweis. Das Philharmonische Orchester Trier musiziert auf einem Niveau, das sich noch vor 20 Jahren kaum jemand vorstellen konnte und spricht verstärkt neue, jüngere Besucher an. Auch für freie Kulturorganisationen wie die Oratorienchöre oder die Kammermusikalische Vereinigung, die vom Engagement der Bürger leben, eröffnen sich neue Möglichkeiten - der Plan eines Chorfestivals zeigt es. Jetzt ist die Kulturpolitik gefragt - diesseits und jenseits der Sauer. Die müsste gerade angesichts von Haushaltsdefiziten und Schuldenbremse gemeinsam Konzepte entwickeln. Die europäische Wirtschaftsregierung ist längst in der Diskussion. Wie wäre es mit einer regionalen Kulturregierung? m.moeller@volksfreund.de

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