Kultursommer in Bitburg: Ein Abend der musikalischen Kontraste

Bitburg · Tagsüber sind Bitburgs Straßen und Plätze die Kulisse für Theater, Artistik, Musik und Tanz unter freiem Himmel mit Künstlern aus ganz Europa. Am Samstagabend stellt das hochkarätige Programm die Besucher vor Entscheidungen: Klassik oder Pop, schwere Kost oder leichte Muse, Händel oder Hammond?

 Zwei Höhepunkte der Kultursommer-Eröffnung in Bitburg: Am Samstagabend begeistert Sänger- und Songschreiberlegende Albert Hammond 2000 Zuhörer mit seinen Hits, zeitgleich geben die Musiker der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ein bewegendes Konzert in der Stadthalle. TV-Fotos (2): Klaus Kimmling

Zwei Höhepunkte der Kultursommer-Eröffnung in Bitburg: Am Samstagabend begeistert Sänger- und Songschreiberlegende Albert Hammond 2000 Zuhörer mit seinen Hits, zeitgleich geben die Musiker der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ein bewegendes Konzert in der Stadthalle. TV-Fotos (2): Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling

Eine Stadt im Kulturrausch: Bitburg feiert zwei Tage lang die Eröffnung des Kultursommers Rheinland-Pfalz und Tausende Besucher lassen sich mitreißen. Ob in der Fußgängerzone, im Waisenhauspark oder im Haus Beda - das facettenreiche Angebot an Tanz, Oper, Musik und Artistik unter dem diesjährigen Motto "Helden und Legenden" bietet am Wochenende ein Kulturfest für jedermann.Erinnerung an düstere Zeiten


Zwei Höhepunkte werden dem Publikum - zeitgleich - am Samstagabend geboten. In der Bitburger Stadthalle spielt die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und widmet ihr Konzert der Erinnerung an ein düsteres Kapitel deutscher Geschichte: den Zweiten Weltkrieg, der mit der Kapitulation am 8. Mai 1945 endete.
Das Wort "Helden" - von der nationalsozialistischen Propaganda inflationär gebraucht, hat im Zusammenhang mit dem sinnlosen Leid, der Zerstörung und der Entmenschlichung dieser Zeit einen bitteren Beigeschmack. "Ein deutsches Requiem", Johannes Brahms' an die Liturgie einer Totenmesse angelehntes Werk, liefert den passenden musikalischen Rahmen für die Finsternis, die Europa und die Welt umgab. Erinnerung an die Toten des Krieges, ergreifend in der andächtigen Stille der Stadthalle vorgetragen, und mit der Sopranistin Johanna Winkel und Bariton Klaus Mertens hervorragend besetzt.Das geht unter die Haut

Kultursommer in Bitburg: Ein Abend der musikalischen Kontraste
Foto: klaus kimmling (kik), Klaus Kimmling ("TV-Upload kimmling"


Georg Friedrich Händels Arie "Ich weiß, dass mein Erlöser lebet" aus dem Messias-Oratorium mit seiner Versöhnlichkeit und den strahlenden Chorstimmen lässt die rund 350 Zuhörer spürbar aufatmen. Neben der Staatsphilharmonie stehen der Mädchenchor des Doms zu Speyer, die Speyerer Domsingknaben und der Domchor Speyer auf der Bühne der Stadthalle - die musikalische Leitung hat Domkapellmeister Markus Melchiori.
Unvergesslich aber wird der Abend dank der Aufführung von Arnold Schönbergs "Ein Überlebender aus Warschau", einem Werk für Sprecher, Männerchor und Orchester. Es ist keiner traditionellen musikalischen Gattung zuzuordnen - der Sprecher Matthias Folz liest zur Begleitung des Orchesters und des Männerchors aus den Erinnerungen einer russischen Tänzerin, die das unmenschliche Schlachten in Warschau überlebte. Eine Darbietung, die unter die Haut geht.
Knapp einen Kilometer Fußweg von der Stadthalle entfernt herrscht dagegen Volksfeststimmung. Rund 2000 Menschen versammeln sich vor der Bühne am Spittel, belagern Frittenbuden, Wein- und Bierstände. Albert Hammond, inzwischen 70 Jahre alt, ist eine lebende Legende: Unzählige Songs hat der gebürtige Brite, der auf Malta aufgewachsen ist und später in die USA ging, für Musikerkollegen komponiert oder selbst zu Charterfolgen gemacht. Auch wer seinen Namen nicht kennt, kennt seine Songs - etwa "One Moment in Time", das Hammond für Whitney Houston schrieb. Oder das unverwüstliche "When I Need You", gesungen von Leo Sayer.
2008 wurde Hammond sehr verdient in die Songwriters Hall Of Fame aufgenommen. Auf seiner aktuellen "Songbook-Tour" spielt er erstmals auch die Erfolge, die er für andere Künstler schrieb, und die man nicht mit ihm verbindet.
Vor dem Konzert erscheinen Kulturministerin Vera Reiß und Bitburgs Bürgermeister Joachim Kandels auf der Bühne. Welche Songs von Hammond die Ministerin denn kenne, fragt Kandels. Ihr falle zuerst "It Never Rains in Southern California" ein, erwidert Reiß. Fast scheint es, als wolle sie damit die Wolken über Bitburg zum Weiterziehen beschwören. Das gelingt nur zeitweise. Einige Schauer prasseln doch auf das Publikum nieder - aber das lässt sich den Abend nicht vermiesen: "Nothings Gonna Stop Us Now" - ein weiterer Titel Hammonds ist schließlich auch ein passendes Motto für diesen Abend.

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