Kunst Kunst im Doppelpack

Trier · Die Gesellschaft für Bildende Kunst zeigt in der Europäischen Kunstakademie die Ausstellung „Great“. Dafür haben sich Künstler-Tandems gebildet, die höchst unterschiedlich die Gegenwart reflektieren.

 Die  Installation „Glashaus“ schufen Clas und Paul Steinmann.

Die Installation „Glashaus“ schufen Clas und Paul Steinmann.

Foto: Eva-Maria Reuther

Selbstbewusst geht die Trierer Gesellschaft für Bildende Kunst die Sache an. „Great“ (Großartig) heißt die aktuelle Ausstellung der Kunstvereinigung in der Europäischen Kunstakademie Trier. Auf jeden Fall großartig ist, dass das wegen der Pandemie verschobene Projekt nun endlich realisiert werden konnte. Angelegt haben die Veranstalter die sehr schön eingerichtete Schau einmal mehr als Tandem-Ausstellung. Soll heißen: Sieben vereinseigene Künstler konnten eine Kollegin oder einen Kollegen einladen, mit dem sie ihre Werke als Duo präsentieren.

Entstanden sind so sieben Künstler-Tandems, deren Arbeiten in der Zusammenschau in einen mal mehr mal weniger lebendigen Dialog treten. Zu sehen sind Gemälde, Mischtechniken, Installationen, Bildhauerei, Fotografie und Zeichnung. Nicht auf ein Nebeneinander beschränkt, sondern ihre Zweisamkeit ausdrücklich als künstlerische Gemeinschaftsleistung genutzt, haben lediglich zwei Duos. In ihrem „Glashaus“ haben Clas und Paul Steinmann eine Art Laborsituation geschaffen. In den auf ihr Metallskelett reduzierten „Häusern“,  die an Gewächshäuser  erinnern, bei denen die  Bildwerke das „Glas“ stellen, geht es um Wahrnehmung, fiktive und reale Welten sowie um das Zusammenspiel von analoger und digitaler Kunst. Künstlerischer wie sozialer Dynamik verdanken sich auch die Bildschöpfungen des Duos Christoph Napp-Zinn und Eric Mangen. Im Wechsel steuerten beide Künstler jeweils ein Bild quasi als Vorlage bei, das der Tandem-Kollege weiterdachte.

Als „Einzelkämpfer“ zeigt der Luxemburger Eric Mangen im Übrigen die stärkste Arbeit der Schau. Sein großformatiges, abstraktes Gemälde „Battle of Beyoncé“, das auf die gleichnamige amerikanische Pop-Ikone verweist, ist eine bildmächtige, farbstarke, mit spontaner Geste und expressiver Kraft gemalte Arbeit. Ästhetisch sehr fein kommt auch Bettina Reicherts Beitrag daher. Kleine Kugeln aus Bienenwachs und Ruß, den bevorzugten Werkstoffen der Künstlerin, pendeln in ihrer Installation „Atem“ an hauchzarten Fäden im Raum. Allerdings ist  die engagierte Arbeit, die auf die Gefahren der Luftverschmutzung hinweist,  mit Röntgenbild und Spiegel didaktisch wie formal überfrachtet. Der Selbstvergewisserung des Betrachters dient hingegen eindrucksvoll die Möglichkeit, die Installation zu begehen und dabei mit der eigenen Bewegung und dem eigenen Atem die Kugeln zum Schwingen zu bringen.

Aufs aktuelle Corona-Geschehen verweist ganz ohne erhobenen Zeigefinger Matthias Lanfer mit seinem neckischen, poetisch verspielten „Spuckschutz“. Ein Tandem, was Inhalt und Bildsprache angeht, bildet das Luxemburger Duo Anna Recker und Gérard Claude. Ihre „Freiheitsgrade“ präsentieren sich  mal als Himmelsenge, mal als weiter Horizont.

Die originellste, dabei hochaktuelle Arbeit zeigt Andreas Hamacher mit seinem „Paradies # 1,2,3,4,5,6,7,8,9“. Die, wie der Titel bereits signalisiert, mehrteilige Installation besteht aus einem Gestell aus Stahl, das den quasi auf seine „Grundmauern“ und wenige Wahrzeichen reduzierten Stadtplan von Trier trägt. Die Stahlzellen haben die Anmutung einer riesigen Ausgrabungsstätte, wie man sie etwa aus der österreichischen Römerstadt Carnuntum kennt. Überwuchert werden die „Mauern“ von Sediumpflanzen (Pflanzen zur Dachbegrünung).

Gleich mehrere Verweise und Diskussionsansätze bietet die inspirierende Arbeit. So klingt darin  die alte romantische Ruinensehnsucht an nach  einer vergangenen Zeit und der heilenden Wirkung der Natur. Als zeitlose Metapher stehen die überwachsenen Ruinen für die Vergänglichkeit und stete Erneuerung des Lebens. Und nicht zuletzt verweist die Arbeit gesellschaftskritisch auf die Notwendigkeit eines neuerlichen „Zurück zur Natur“, wie es sich aktuell im „urban gardening“ darstellt, und ein auskömmliches Verhältnis von Natur und Kultur.

 Kraftvoll und expressiv: die Arbeit „Battle of Beyoncé“ von Eric Mangen.

Kraftvoll und expressiv: die Arbeit „Battle of Beyoncé“ von Eric Mangen.

Foto: Eva-Maria Reuther

Die Ausstellung läuft bis zum 15. Juli in der Europäischen Kunstakademie, Aachener Straße; geöffnet ist sie dienstags bis freitags von 11 bis 18 Uhr und am Wochenende von 11 bis 17 Uhr. Weitere Informationen unter: gb-kunst.de 

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