Kunst im Wind, rüstige Rock-Senioren und Popart-Stadtmusikanten

Die laut Veranstalter "flächenmäßig größte Kunstinstallation der Welt" ziert seit letztem Wochenende die Kulturhauptstadt im Ruhrpott. 310 gelbe Ballons steigen über ehemaligen Bergwerken als "SchachtZeichen" bis zu 80 Meter in die Höhe und bieten ein imposantes Bild.

Noch bis zum 30. Mai sind sie zu sehen - jedenfalls, so lange kein Wind geht. Denn die Kunst-Konstruktion erwies sich als recht labil.

Letzteres galt über Jahrzehnte auch für die Künstlerfreundschaft zwischen dem Gitarristen Eric Clapton und dem Sänger Steve Winwood. Zwei Rock-Giganten, die vor vierzig Jahren beim Versuch, mit "Blind Faith" eine Supergruppe zu gründen, grandios scheiterten. Nun kommen sie, längst in der Liga "60 plus" spielend, gemeinsam auf Deutschland-Tour nach Düsseldorf, Berlin, Hamburg und München. Wer Tickets besitzt, darf sich freuen: Beim Tourneestart in Birmingham begeisterten die rüstigen Senioren selbst notorische Skeptiker.

Zu dieser Spezies gehört, wie man weiß, auch der Autor Günter Wallraff, der seit vielen Jahren als wandelnder Undercover-Aufklärer durch die Boulevardredaktionen, Brotfabriken und McDonalds-Fillialen der Republik zieht. Sein neuestes Buch könnte nun wesentlich später erscheinen als geplant, denn der Autor wurde in einem Café in Barcelona Opfer eines dreisten Taschendiebs. Der Gauner schnappte die Tasche mit Wallraffs Original-Manuskript, allerlei Korrespondenz, Adressbuch und Terminplaner. Der Autor, in diesem Fall gänzlich ohne Verständnis für die Renitenz der Unterprivilegierten, setzte eine hohe Belohnung aus.

Porträtiert Wallraff in der Regel eher triste Existenzen, so präsentiert der New Yorker Pop-Art-Artist James Rizzi bevorzugt knallbunte Impressionen aus dem prallen Leben. Die weltgrößte Rizzi-Werkschau hat man nun ausgerechnet im beschaulichen Bremen auf die Beine gestellt. In der dortigen Messe sind bis zum 4. Juli 1500 Rizzi-Gemälde, -Comics, -Grafiken, -Collagen, aber auch Aktzeichnungen in Schwarz-Weiß zu sehen. Dem Meister scheint das Präsent zum Sechzigsten zu gefallen: Rizzi steuerte eigens für die Ausstellung eine neue Version der Bremer Stadtmusikanten bei - natürlich schön bunt, vor grün-blauem Hintergrund.

Anneliese Rothenberger war eher eine Anhängerin gedeckter Farben. Dass sie auf der Bühne auch mal Bergs männermordende Lulu gab, wussten allenfalls eingefleischte Opernfans. Vor allem aber steht die Sängerin, die im Alter von 83 Jahren starb, für eine Zeit, in der Hochkultur und Fernsehen noch kein Gegensatz waren - und klassische Musik kein Fall für Orchideensender, sondern für die große Show zur besten Sendezeit. Die lyrische Sopranistin war für ihr Genre ein populäres Aushängeschild, ihr Auftreten als Moderatorin stets auf eine unaufdringlich-altmodische Weise vornehm.

Dieter Lintz

In unserer neuen Rubrik "Unterm Strich" werfen wir jeden Freitag einen launigen Blick auf aktuelle Ereignisse der deutschen und internationalen Kulturwelt.

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