Kunstdisput mit Folgen

Dem Spielzeitmotto "Zusammenhalt" wird sich ab heute eine neue Produktion des Theaters Trier auf hintersinnige Weise nähern. Regisseur Steffen Popp hat "Kunst", eine Komödie von Yasmina Reza, für die Studiobühne inszeniert. Mit dabei ist ein neues Ensemble-Mitglied, der Schauspieler Paul Steinbach.

 Kunst fürs Klo oder was? Marc alias Tim Olrik Stöneberg (links) kann nicht verstehen, dass Serge (Paul Steinbach) ein rein weißes Bild gekauft hat.TV-Foto: Anke Emmerling

Kunst fürs Klo oder was? Marc alias Tim Olrik Stöneberg (links) kann nicht verstehen, dass Serge (Paul Steinbach) ein rein weißes Bild gekauft hat.TV-Foto: Anke Emmerling

Trier. Beim Theaterfest war bereits ein erster Eindruck von "Kunst" zu gewinnen, der in den meisten Fällen wahrscheinlich von Lachtränen begleitet war. Was auf den ersten Blick wie eine beschwingte Komödie wirkt und als eines der meistgespielten zeitgenössischen Stücke auch oft mit boulevardeskem Schwerpunkt inszeniert wurde, ist in Wirklichkeit eine doppelbödige Geschichte mit tragischem Inhalt. Das sagt Regisseur Steffen Popp, der das in 40 Sprachen übersetzte Schauspiel mit Klaus-Michael Nix, Tim Olrik Stöneberg und dem vorher in Bruchsal engagierten neuen Ensemblemitglied Paul Steinbach auf die Studiobühne bringt.Lächerlichkeit menschlichen Verhaltens

Die Handlung rankt sich um den Kauf eines teuren, rein weißen Ölgemäldes, das bei den Freunden des Käufers auf Unverständnis stößt. "Im ersten Teil des Stücks steht die Frage im Vordergrund: Was ist Kunst, und was ist sie wert?", sagt Steffen Popp, "ab dem zweiten Drittel liegt der Schwerpunkt auf den Figuren und ihren Konstellationen." Denn Unehrlichkeit und Missverständnisse in der Bewertung des Bildes führen in der Freundschaft der Männer zu eskalierenden Konflikten. "Da kommt die zweite, gar nicht mehr komische Ebene ins Spiel: Wie funktioniert menschliche Kommunikation?" Paul Steinbach ergänzt: "Das ist wie in einer langen Ehe, plötzlich regt man sich über die nicht ausgedrückte Zahnpasta-Tube auf. Dabei geht es gar nicht um die Zahnpasta, sondern um die Beziehung." Gerade die Emotionen des zweiten Teils stellten die größte Herausforderung für die Schauspieler dar, sagt Steinbach. Er ist darum froh, neu im Ensemble zu sein: "Um Beziehungen auf der Bühne zu spielen, ist es besser, wenn man sich nicht so gut kennt, dann sind Dynamik und Spannung größer." Die Proben seien eine dynamische Angelegenheit und das, was er am meisten möge, bestätigt Popp. Jeder müsse sich öffnen, dabei entstünden neue Ideen, an denen das Stück wachse. Als Regisseur sei er kein "Marionettenspieler", der alles seiner Vision unterordnen wolle. "Ich versuche nur, den Boxring abzustecken, den wir alle gemeinsam enger oder weiter ziehen können." Auf diese Weise habe das Team versucht, die Dissonanz zwischen Ernst und Komik des Stücks herauszukitzeln. Komik, die Steinbach, der sich selbst als Mensch mit etwas eigenem Humor und gelegentlichem Hang zu großen Dramen bezeichnet, in der Lächerlichkeit des gezeigten menschlichen Verhaltens sieht. Sowohl Regisseur als auch Schauspieler sind gespannt auf die Publikumsreaktionen: "Es geht hier nicht um eine Pointen-Trefferquote, nicht darum, etwas so interpretieren zu müssen, wie wir das sehen, sondern um die maximale Freiheit, sich da anzudocken, wo man einen Bezug zu sich selbst findet." Wobei man wieder beim Thema Kunst wäre: "Wenn ich eine Kloschüssel hinstelle, kann ich zwar sagen: Das ist Kunst. Aber wer es nicht so sehen will..."Kunst hat heute um 20 Uhr im Studio Premiere, weitere Vorstellungen am 5. und 12. Oktober.

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