Kunstgeschichte(N)

"Sah der in echt so aus?", fragt Max. Er steht mit Opa im Rheinischen Landesmuseum in Trier vor dem Kopf eines kleinen Jungen mit Locken.

 Ein zartes Gesicht und schöne Locken – so sollten sich die Leute an den Prinzen erinnern. Foto: Rheinisches Landesmuseum Trier

Ein zartes Gesicht und schöne Locken – so sollten sich die Leute an den Prinzen erinnern. Foto: Rheinisches Landesmuseum Trier

Der Kopf aus weißem Marmor ist das Bild eines Prinzen, der wohl früh gestorben ist. Es war der Sohn eines römischen Kaisers, der Antonius Pius hieß und vor ungefähr 1900 Jahren lebte. "Wahrscheinlich sah der kleine Junge nicht ganz genauso aus" erklärt Opa. "Solche Bilder von Kaisern und ihren Familien sind meistens idealisiert." "Idealisieren" kommt aus dem Lateinischen und bedeutet in diesem Fall, etwas schöner darzustellen als es ist. Tatsächlich waren Bilder wie der schöne Prinzenkopf nicht einfach für zu Hause gedacht, so wie die Familienfotos im Wohnzimmer. Sie wurden in Räumen aufgestellt, in denen Besucher empfangen wurden oder sogar mitten in der Stadt. Dort stand wahrscheinlich auch früher das Bild (man nennt das auch eine Porträtbüste) des Jungen mit den Locken. Immer wenn die Leute es sahen, sollten sie sich an ihre Herrscherfamilie erinnern. Die Kaiserfamilie wollte auf solchen Bildern natürlich so aussehen, wie man sich damals Kaiser und Prinzen vorstellte. Der kleine Prinz musste deshalb auch nicht genauso aussehen, wie in Wirklichkeit. Vielleicht hatte er schlechte Zähne oder schlimme Pickel. Auf seinem Bild sollte er so dargestellt werden, dass ihn die Leute schön fanden und bewunderten. Außerdem sollte sein Bild jeden daran erinnern, welche Familie die mächtigste im Land war. Der kleine Prinz im Landesmuseum hat ein zartes feines Gesicht und schöne Locken. Ein bisschen traurig sieht er aus, vielleicht weil er schon früh gestorben ist. Vielleicht sieht er auch nur ernst aus. Schließlich war es eine ernste Sache, Prinz zu sein. Gefunden wurde der Kopf übrigens in den Trierer Kaiserthermen. Eva-Maria Reuther

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