Kunstgeschichte(n)

Max hat Tante Helga einen Kuchen vorbeigebracht. "Wo ist denn Sophie?", erkundigt er sich nach seiner Kusine.

 So hat sich der Maler Rembrandt van Rijn selbst in einer Radierung dargestellt. Foto: Wikicommons

So hat sich der Maler Rembrandt van Rijn selbst in einer Radierung dargestellt. Foto: Wikicommons

"Sophie ist im Hobbykeller und radiert", antwortet Tante Helga. Unten im Keller sitzt Sophie am Tisch und kratzt mit der Nadel in eine Platte. "Komisch", denkt Max. "Wo radiert die denn? Die hat ja noch nicht mal einen Radiergummi." Sophie sieht sein erstauntes Gesicht und erklärt ihm, was sie gerade macht. Max erfährt, dass ihr "Radieren" etwas anderes bedeutet, als Bleistiftstriche zu entfernen. Das Wort ist allerdings dasselbe. Es kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "etwas wegnehmen" oder "wegkratzen". Genau das tut auch Sophie - doch dabei entsteht ein neues Bild. Ihre Radierung - so heißt das Hauptwort zu radieren - ist nämlich eine alte Technik, um gedruckte Bilder herzustellen. Das kann man auf zweierlei Art tun. Die eine Art ist die "Kaltnadelradierung". Dabei wird mit einer harten Nadel aus Stahl, der Radiernadel, das Bild, das gedruckt werden soll, in eine Metallplatte geritzt. Anschließend wird die Platte mit Farbe eingestrichen, die in die Ritzen eindringt. Dann wird die Farbe wieder abgewischt. Nur in den eingeritzten Stellen bleibt noch Farbe übrig. Über die Platte wird ein Bogen Papier gelegt, über den man eine Walze rollt. Durch das Gewicht der Walze drückt sich die Farbe in den Ritzen auf dem Papier durch. So entstehen die Linien des Bildes. Die andere Art ist die "Ätzradierung". Bei ihr wird das Bild nicht direkt in die Platte geritzt, sondern in einen "Ätzgrund". Das ist eine Art Lack, mit dem die Platte vorher überzogen wird. Anschließend kommt sie in ein Bad aus Säure. Dazu kann man ganz normalen Essig nehmen. An den Stellen, an denen der Ätzgrund eingeritzt ist, dringt die scharfe Säure in die Platte und "verätzt" oder verletzt sie. So kommt das Bild auf die Platte. Auch hier wird anschließend Farbe aufgetragen, abgewischt, Papier aufgelegt und mit Hilfe einer Walze das Bild gedruckt. Da bei der Radierung aus eingeritzten Linien gedruckt wird, gehört sie zu den Tiefdruck-Techniken. Gute Radierungen herzustellen erfordert viel Übung und Erfahrung. Bei der Kaltnadelradierung muss man zum Beispiel genau wissen, wie stark der Druck auf die Radiernadel sein muss, damit die Ritzen tiefer oder flacher und die Linien stärker oder feiner werden. Ein Künstler, dessen Radierungen weltberühmt sind, war der großartige Holländer Rembrandt van Rijn, der von 1606 bis 1669 lebte. Eva-Maria Reuther

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