Kunstgeschichte(n)

Am Sonntag ist Totensonntag. Dann geht Lena mit ihren Eltern auf den Friedhof zu Omas Grab.

"Oma ist jetzt im Himmel", hat Mama gesagt. "Wie ist es denn im Himmel", fragt Lena, und dann will sie noch wissen, ob Oma sie von dort aus sehen kann. "Das weiß ich nicht", sagt Mama und nimmt Lena fest in den Arm. "Aber das ist auch nicht wichtig, Oma ist sowieso immer bei uns, zum Beispiel in den Geschichten, die sie dir erzählt hat, oder in den Büchern und Spielsachen, die sie dir geschenkt hat". Wie Lena geht es allen Menschen. Schon immer fragen sie sich, wie es mit ihnen weitergeht, wenn sie gestorben sind. Die alten Römer, die Kelten und viele andere Völker stellten sich früher vor, dass die Toten in einem Totenreich weiterlebten, in dem sie genau dasselbe waren wie hier auf der Erde. Bauern blieben Bauern, Handwerker arbeiteten weiter als Handwerker, Fürsten hatten ihren Hofstaat, und Hausfrauen kümmerten sich auch im Totenreich um ihren Haushalt. Damit die Toten ihr irdisches Leben weiterleben konnten, gab ihnen ihre Familie als Beigabe mit ins Grab, was sie auch im Leben gebraucht und besessen hatten. Frauen wurden mit ihrem Schmuck, mit Kämmen und Kosmetikartikeln beerdigt, aber auch mit Schüsseln, Töpfen und Gläsern. Handwerker nahmen ihr Werkzeug mit und Ritter ihre Waffen. Manche Gräber waren wie Zimmer mit Tischen und Stühlen eingerichtet. Fürsten und vornehme Verstorbene hatten manchmal sogar ihren eigenen Wagen dabei. Im Grab eines chinesischen Generals wurde ein ganzes Heer aus Tonsoldaten und Tonpferden gefunden. Für die weite Reise bekamen Tote jede Menge Proviant mit, also etwas zu essen und zu trinken. Hier in der Region gibt es ganz viele alte römische und keltische Gräber. Sie sind ganz wichtig für die Forscher. Von ihnen kann man nämlich nicht nur erfahren, wie sich Menschen vor 2000 und mehr Jahren das Leben nach dem Tod vorgestellt haben. Da das Totenreich ein Spiegelbild des ganz normalen Lebens war, erzählen die Gräber und ihre Beigaben auch ganz viel über das Leben der Menschen damals. Eva-Maria Reuther

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