Kunstwerk der Woche Die Landschaft als Echolot der Seele
Museen, Galerien, Ausstellungen sind seit langem geschlossen. Doch Künstler sind auf öffentliche Räume angewiesen, in denen sie ihre Werke zeigen. Was machen sie eigentlich gerade? In unserer Serie zeigen wir jede Woche das Werk eines Künstlers aus der Region. Heute: ein Bild von Rüdiger Kündgen.
In Corona-Zeiten geht es Kulturschaffenden und Kulturfreunden wie einst den jungen Italienern in Giovanni Boccaccios Novellensammlung „Decamerone“ zu Zeiten der Pest in Florenz. Sie müssen sich ihr Kulturprogramm selbst machen. „Ich habe mich wieder in die Malerei begeben“, berichtet Rüdiger Kündgen. Der 1939 geborene Trierer Ramboux-Preisträger hat der Region nicht nur als Maler Impulse gegeben. Über drei Jahrzehnte hat er als Kunsterzieher am Humboldt-Gymnasium in Trier unterrichtet. Als Mitbegründer der Europäischen Kunstakademie stellte er in der Moselmetropole künstlerische Weichen.
Im Mittelpunkt von Rüdiger Kündgens Werk steht die Landschaftsmalerei. Als Schöpfer stimmungsvoller Landschaftsbilder wird der Künstler, der in Saarbrücken und Berlin studierte, hierzulande geschätzt. Gleichwohl sind seine in Öl oder Acryl geschaffenen Landschaften keine Abbildungen von Naturräumen, auch wenn sich der Künstler immer wieder von konkreten Vorbildern unmittelbar oder mit Hilfe von Fotografien inspirieren lässt. Sie dienen vielmehr der Innenschau des Künstlers als Echolot.
Mit ihren subtilen Farbklängen, ihren meditativen Farbflächen, dem Staccato der Pinselstriche oder der dramatischen Geste sind Kündgens Landschaften vielfältige Widerklänge von Seelenleben und Empfindung. „Beim Betrachten von Landschaften trete ich in einen inneren Dialog mit ihnen ein“, sagt der Künstler.
Im Shutdown der Pandemie bleibt der Maler auch thematisch zu Hause und hat sich der urbanen Landschaft Triers gewidmet, genau genommen dem Miteinander von Vergangenheit und Gegenwart. Den Denkmälern des kulturellen Erbes, um die der städtische Verkehr brandet, widmet er eine neue Serie. „Sie sind schließlich unsere historische Substanz“, sagt der Maler. Auch nach so vielen Jahren in Trier beeindruckten ihn Denkmäler wie die Porta Nigra noch immer tief. Ihr Erhalt liegt ihm am Herzen.
Man kann die neuen Arbeiten des Künstlers mit ihren antiken Denkmälern und ihren Verkehrsströmen durchaus als Mahnung verstehen. Allerdings sind sie so frisch und leicht gemalt, dass sie nichts von einem erhobenen Zeigefinger oder didaktischen Eifer haben. Geradezu der Wirklichkeit entrückt stehen seine Kaiserthermen da. Und auch der Straßenring ist mit seinem Verkehr nichts als ein bunter Farbfluss.
Eva-Maria Reuther
Kontakt und weitere Informationen: ruediger-kuendgen.de