Kurzkritik: LamB im Atelier in Luxemburg

Erste Einstellung: Der Blick fällt auf den Engel im wallenden Oberteil mit Flügelarmen, in strahlendes Weiß getaucht, mit einer Stimme, die sich in Lichtgeschwindigkeit von "sphärisch entrückt" bis zu "unfassbar nah" bewegt. Das ist Lou Rhodes, der eine Teil von Lamb.

Sie sagt wenig, bewegt sich nicht viel. Das muss sie auch nicht. "I can fly, but I want his wings" - wer da, bei der alten Single "Gabriel", keine Gänsehaut bekommt, ist wahrscheinlich tot. Zweite Einstellung: Der Mann braucht sein Ritalin, aber pron to. Andy Barlow - das ist Rhodes\' Partner beim englischen Triphop-Duo Lamb - kann keine Sekunde still stehen: Er dreht die Knöpfe an den Synthies, drückt Tasten, spielt im Stehen Schlagzeug, am liebsten alles gleichzeitig, wenn\'s denn ginge, und peitscht die 800 Zuschauer im Atelier so in Fahrt, dass sich nach der 90-Minuten-Show nicht mehr viel nach Montagabend anfühlt. Das sind zwei Welten, die nur scheinbar nicht zusammenpassen: Live funktioniert das ganz hervorragend, zumal Lou Rhodes und Andy Barlow auf der Bühne noch Unterstützung von Jon Thorne am elektrischen Kontrabass erhalten. 2010 hatte sich Lamb nach fünf Jahren Pause wieder zusammengetan. Lou Rhodes war zwischenzeitlich solo unterwegs, eher folkig mit Akustikgitarre und nur mäßig erfolgreich. Gemeinsam mit Barlow sieht es wesentlich erfolgversprechender aus: Triphop und Breakbeats haften zwar weiter an, Relikte aus den 90ern zu sein. Aber Lamb ist mit eindrucksvollen Liveshows wie der im Atelier drauf und dran, das Genre aus der Vergessenheit zu holen - zumal die Band live wahrlich nicht so klingt, als käme sie gerade aus dem letzten Jahrtausend. Andreas Feichtner

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