Kurzkritik: Mitsuko Uchida in der Luxemburger Philharmonie

Luxemburg · Es gibt Konzerte, bei denen man schon vor dem ersten Ton weiß, dass man gleich etwas Großes erleben wird. So geschehen in der Luxemburger Philharmonie, wo sich gut 1300 Musikfreunde zu einem Klavierrezital mit der Pianistin Mitsuko Uchida versammelt hatten.

Auf dem Programm standen die letzten drei großen Klaviersonaten von Franz Schubert. Eine Herkulesaufgabe für die Interpretin und auch für die Zuhörer. Es gibt nicht viele Pianisten, bei denen man sich einen solch voluminösen Abend antun sollte. Bei Uchida aber war es eine Offenbarung. Bei vielen Interpreten bekommen die drei Werke Überlänge, wirken manchmal ermüdend. Bei Uchida waren es himmlische Längen, bei denen man jede einzelne Note auskosten konnte. Die in London lebende Japanerin betrat die riesige Bühne, auf der einsam der Flügel stand, und stieß ohne zu zögern mit den ersten, an eine Fanfare erinnernden Akkorden, die Tür zu einem Kosmos auf, erschloss ihrem Publikum ein ganzes Universum. Ohne eigenes Pathos, ohne übertriebene Gestik war sie eine Dienerin der Musik - Mittlerin zwischen Schubert und den Zuhörern. Bei aller Virtuosität, bei aller technischen Perfektion, die diese Pianistin von Weltrang auszeichnet, waren gerade die lyrischen, langsamen Sätze die Juwelen des Abends. Namentlich das Andante sostenuto der dritten Sonate war Musik, die problemlos den Weg direkt ins Herz der Zuhörer fand. Wen wundert es da, dass es am Ende minutenlange Ovationen gab? Gerhard W. Kluth

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