KurzKritik Philipp Dittberner

Trier · Kalte Luft zieht herein durchs Treppenhaus in den MJC-Keller in Trier. Da will ein Besucher die offen stehende Tür schließen.

Um ein Haar hätte er dabei - unwissenderweise - den Hauptakteur des Samstagabends ausgesperrt. Denn während die Band sich schon auf der Bühne bereitmacht, wartet Philipp Dittberner noch vor der Tür. Gänzlich unauffällig, in Karohemd und Jeans, läuft der Sänger und Songschreiber dann auf die Bühne. Ein Star, der gleich erkannt wird, ist der junge Gitarrist eben noch nicht. Weder auf der Straße noch während seines eigenen Konzerts in der Zuschauermenge, die vor der Bühne wartet. Auch wenn sein Titel "Wolke 4" sich wochenlang in den Top 10 in Deutschland hielt und sein erstes Album "2:33" es immerhin auch auf Platz 12 schaffte. Von Starallüren ist Dittberner denn auch meilenweit entfernt. Geradezu treuherzig moderiert er sogar den mitten in seinem Auftritt nötigen Gang aufs Örtchen an - was ihm nach der Rückkehr freundlichen Extra-Applaus einbringt. Die Fans im MJC-Keller mögen den Berliner, der vor allem mit leisen Tönen punktet. Keine langen Gespräche zwischen den Songs, keine ausufernden Soli der vierköpfigen Band. Der Berliner spielt einfach schönen Pop mit viel Akustikgitarre. Eingängige Melodien, aber nur wenige davon so einfach gestrickt, dass sie hitverdächtig wären. Die Texte anspruchsvoll, poetisch, lyrisch, manchmal voller Wehmut, immer aber überraschend formuliert. "Ich schreibe große Zeilen in klitzekleine Lieder" - der Satz aus "In deiner kleinen Welt" trifft das schon ziemlich gut, auch wenn Dittberner diese Lieder nicht - wie im Song - heimlich, sondern vor ein paar Hundert Zuschauern singt. So ist der Abend mehr ein "Zuhören-und-mitwippen"-Konzert als ein "Abrocken"-Abend. Nur selten wird es krachend-laut auf der Bühne, nur selten geht das Publikum wirklich mit. Das Repertoire ist auch noch nicht wirklich abendfüllend. Nach einer Stunde beginnen die Zu gaben. Wer deutschen Gitarrenpop mag, der kommt bei Dittberner voll auf seine Kosten, der wird das Konzert als lohnend empfunden haben. Und wer "große Zeilen" mag, steht vielleicht ohnehin nicht auf die große Show. Michael Schmitz

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