La Bohème in Zeiten von Aids und Anarchie: Theater Trier zeigt erstmals das Musical "Rent"

Trier · Am Broadway hat das Musical jahrelang große Erfolge gefeiert. An Silvester ist "Rent", das sich um das Lebensgefühl in Zeiten von Aids, Armut und Anarchie Anfang der 90er Jahre in New York dreht, erstmals auch im Theater Trier zu sehen. Mit einer Besetzung, die laut Regisseur Malte C. Lachmann "problemlos mit dem Broadway konkurrieren kann".

 Warum ist die Liebe nur so schwer? Rockmusiker und Ex-Junkie Roger (Sasha Di Capri) fühlt sich zur aidskranken Tänzerin Mimi hingezogen. Die Anwältin Joanne (Kathrin Hanak) hadert mit ihrer ständig flirtenden Freundin Maureen. Das Rockmusical „Rent“ feiert am Silvesterabend Premiere im Theater Trier. Foto: Vincenzo Laera

Warum ist die Liebe nur so schwer? Rockmusiker und Ex-Junkie Roger (Sasha Di Capri) fühlt sich zur aidskranken Tänzerin Mimi hingezogen. Die Anwältin Joanne (Kathrin Hanak) hadert mit ihrer ständig flirtenden Freundin Maureen. Das Rockmusical „Rent“ feiert am Silvesterabend Premiere im Theater Trier. Foto: Vincenzo Laera

Foto: vincenzo laera

Sich für ein Bühnenstück bei einem Klassiker zu bedienen, hat Tradition. Für sein Musical "Rent" hat der Komponist und Autor Jonathan Larson sich einer Puccini-Oper angenommen, sie in seine Zeit, sein Viertel, sein Milieu versetzt, die Figuren seinem Freundeskreis entliehen. Aus "La Bohème" wurde "Rent". "Ich kenne kein anderes Musical, das so nahe an der Realität ist, in dem ich mich an die Figuren anlehnen kann", sagt Malte C. Lachmann, der das Stück für das Theater Trier inszeniert.

Die klassische Musik ersetzte Larson durch Rocksongs. Aus Paris wird New York. Aus der Stickerin Mimi und dem Poeten Rodolfo werden die Tänzerin Mimi und der Rockmusiker Roger, aus Schwindsucht wird Aids. Der Maler Marcello wird zu Filmemacher Mark, Colline zu Collins, Benoit zu Benny, Musetta zu Maureen. Schaunard erhält seine Entsprechung in der Drag Queen Angel, und Alcindoro wechselt sein Geschlecht und wird zur Anwältin Joanne.Ohne Geld und ohne Strom


Der Beginn ist bekannt: Roger und Mark sitzen frierend in einem Abbruchhaus. Der Strom ist abgestellt. Sie können ihn ebenso wenig bezahlen wie die Miete. In "Rent" schildert Larson den Kampf der beiden und ihrer Freunde ums nackte Überleben, gegen Drogensucht und Aids, rassistische und homophobe Angriffe. Er skizziert ein Jahr im Leben der jungen Leute, beginnend an Heiligabend 1989. Deshalb ist das Datum für die Trierer Premiere am Donnerstag, 31. Dezember, gut gewählt.

Am Broadway war "Rent" ein ziemlicher Hit. Dort lief es von 1996 bis 2008 mehr als 5100 Mal. "Der Trierer Cast kann locker mit dem vom Broadway mithalten", sagt Regisseur Lachmann. Dass wie hier alle Hauptrollen mit Musicaldarstellern besetzt seien, "ist ein Geschenk". Bekannt in der Szene ist Sasha Di Capri (Roger), der in Stücken wie "Die Schöne und das Biest", "We will rock you", "Rocky" und zuletzt in Saarbrücken in "Paradise of Pain" zu sehen war. Dazu Sybille Lambrich (Mimi), Kathrin Hanak (Joanne), Manuel Dengler (Angel), das ehemalige Trierer Ensemblemitglied Matthias Stockinger (Benny) sowie die aktuelle Musicalriege Carin Filipcic (Joanne heute), Sidonie Smith (Maureen), Christopher Ryan (Mark) und Norman Stehr (Collins).

Lachmann, gerade einmal 26 Jahre alt, inszenierte unter anderem bereits für das Thalia Theater Hamburg, in Bochum, Dresden, Hannover und für das Nationaltheater Timisoara (Rumänien). Die musikalische Leitung übernimmt Dean Wilmington, Choreograph ist der Spanier Daniel Morales Pérez. Für Bühnenbild und Kostüme zeichnet Daniel Angermayr verantwortlich, der für Christoph Schlingensief und bei den Bayreuther Festspielen gearbeitet hat.Stück ist schwer zu übersetzen


"In Deutschland hat ‚Rent' nie Ruhm erlangt", bedauert Lachmann. Das liege wohl auch daran, dass es nur schwer auf Deutsch zu übersetzen sei. Zudem sei die Musik, "das hört man ganz deutlich", für die englische Sprache komponiert worden. Das Produktionsteam habe desgalb entschieden, "Rent" im Original zu präsentieren. "Wir glauben, die USA sind kulturell nah dran an uns", sagt Lachmann. "Dass das nicht stimmt, das sieht man hier. Es gibt so viele Dinge, die in ‚Rent' eine Rolle spielen und als Referenz in Deutschland nicht existieren."

Dennoch muss sich niemand Sorgen machen, dass er nichts versteht: Es gibt deutsche Übertitel. Außerdem hat der Regisseur einen konzeptionellen Trick angewandt, um die Dinge im und um das Stück zu erklären: Er lässt die Joanne von heute - auf Deutsch! - zurückblicken in das New York um 1990."Kein depressiver Abend"


Lachmann ist bekennender Fan von "Rent" Wohl mit ein Grund, weshalb er und Intendant Karl Sibelius das Musical für Trier ausgewählt haben. "Die Musik ist traumhaft. Es ist ein richtig geiles Rockmusical und sehr berührend." Die Darsteller seien alle interessiert in dem Stück, sagt er. "Wir haben uns mit dem Thema intensiv auseinandergesetzt." So haben er und seine Akteure beispielsweise mit einem HIV-Infizierten und mit der Trierer Aidshilfe gesprochen. Trotz dieser Problematik "wird das kein depressiver Abend", verspricht Lachmann. Darsteller wie Figuren gehen positiv mit diesen Themen um. "Das wird ein buntes, lustiges Geschehen."

Die Premiere von "Rent" am 31. Dezember ist ausverkauft. Weitere Vorstellungen gibt es am 3., 6., 7., 8., 15., 23., 26. Januar, am 2. Februar, jeweils 19.30 Uhr, und am 10. Januar um 16 Uhr. Karten gibt es unter Telefon 0651/718-1818 oder per E-Mail an theaterkasse@teatrier.de

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