Trier. (ae) Ein wenig gehandicapt von herbstlich kühler Witterung eröffneten die Band Fan Fan um Florence Absolu sowie das Straßentheater Bonillo mit einem französischsprachigen Stück über eine Flucht aus dem Kosovo den zweiten Abend des Festivals "Total Theater" in Trier. Voll besetzt war das Studio, als Frank Hoffmann, Intendant des Théatre National du Luxembourg, die Bühne für das von ihm inszenierte "Now here & Nowhere oder den Här Io Ming Pei Hätt Muerres Gär Krewetten (Herr Io Ming Pei hätte gerne Krabben zum Frühstück)" frei gab. Nico Helminger hat zum Kulturhauptstadtjahr Luxemburgs Verhältnis zur Kultur, auch der im Umgang mit Ausländern, aufs Korn genommen, angeregt vom Wirbel um den Bau des neuen Museums durch Architekt Io Ming Pei.Der schickt im Stück den depressiven Robbie Williams mit der Präsentation einer neuen Installation zum Kulturministerium Luxemburg. Williams will sich jedoch umbringen und reicht sie an den abgebrannten Straßenmusiker Foda weiter. Der trifft damit auf einen völlig ahnungslosen Kulturattaché, einen Vertreter der Großfinanz, landet zwischenzeitlich im Knast und wendet zum guten Schluss als offizieller Repräsentant eine Blamage für Luxemburg ab. Die ständig zum Lachen reizende Posse scheint aberwitzig, doch jedes Detail hat Bedeutung, allem voran die skurrile Ausgestaltung. Luxemburger Charaktere von der Putzfrau mit Hang zur Lady, über den sich weltmännisch gebenden aber provinziellen Attaché oder den Großfinanzier, der nicht nur Hirsch heißt, sondern als Zeichen der Potenz tatsächlich ein Geweih trägt (Kostüme: Dagmar Weitze). Eine Nation kauft Kultur, um sich Bedeutung zu geben

Auf diese Weise entlarvt Helminger sein Land als das der "Köpenicke, in dem sich alle aufspielen", als eine Nation, die sich Kultur kauft, um sich Bedeutung zu geben und sich deshalb auf offizieller Ebene international aufgeschlossen gibt, in Wirklichkeit aber fremdenfeindliches bis rassistisches Potenzial hat. Das Bühnenbild aus Hirschmotiven und Kunstrasen unterstützt das gebrochene Bild vom "Ländchen mit Hang zu Höherem", Musik- und Lichtregie (René Nuss und Zeljko Sestak) setzen passende Akzente. Dass das Stück so viel Spaß macht, ist vor allem dem humorvollen Spiel von Marc Baum, Yves Bourgnon, Pol Hoffmann, Marja-Leena Junker, Nora Koenig, Marc Limpach, Marco Lorenzini, Marc Sascha Migge, Christiane Rausch, Annette Schlechter, Raoul Schlechter, Roger Seimetz und Jessica Simoes zu verdanken, die dafür mit viel Applaus belohnt werden.Das Stück ist am 20. Oktober in Thionville und am 24., 25. und 26. Oktober in Luxemburg zu sehen, Infos: www.totaltheater.eu