Kultur "Langweilige Passagen nuschel' ich weg"

Trier · Der Roman "Fleisch ist mein Gemüse" ist mehr als 500 000 Mal verkauft worden. Im Trierer Exhaus hat der Autor sein neues Werk "Das Strunk-Prinzip" vorgestellt und eine wilde Mischung aus Lesung, Solokonzert und Multimediashow geboten.

 Greift auch zur Querflöte: Heinz Strunk outet sich als Multitalent.TV-Foto: Karin Pütz

Greift auch zur Querflöte: Heinz Strunk outet sich als Multitalent.TV-Foto: Karin Pütz

Foto: Karin Pütz

Trier. In reißerischer "Du-schaffst-das"-Manier eines Motivationstrainers werden die Zuschauer im Exhaus-Balkensaal auf das Strunk-Prinzip vorbereitet. "Aufnehmen, bewerten, handeln", mantraartig graben sich die aus dem Off gesprochenen Worte in Ohr und Hirn ein. Gespickt mit allgemeingültigen Phrasen und Floskeln entlarvt der Text die Lächerlichkeit, die hinter manchen Motivationsseminaren steckt.
Kurze Zeit später betritt "der Heinzer" in schickem Zwirn die Bühne. Er setzt sich an einen Tisch und liest aus seinem Universalratgeber vor. "Das Strunk-Prinzip" besteht aus den monatlichen Kolumnen, die im Satiremagazin Titanic erschienen sind. Strunk persifliert Autoren wie Jürgen Höller, die es schaffen, Bestseller wie "Die 6 goldenen Erfolgsregeln" zu schreiben und ganze Hallen zu füllen.
Heinz Strunk versammelt im Exhaus immerhin etwa 60 Menschen im Balkensaal, die an seinen Lippen hängen und sich über seine kruden Weisheiten bestens amüsieren. Für Trier keine schlechte Besucherzahl - ist doch der typisch Strunk\'sche Anarcho-Humor hierzulande eher ein Nischenprodukt.Negative Inselbegabung


Seine Lesung ist - wie der ganze Typ - ein Gesamtkunstwerk. Er spricht über das Phänomen der negativen Inselbegabung ("Wenn du viele Dinge schlecht kannst - aber eines besonders schlecht") und singt psychedelische Lieder über Dackelblut oder Ernährungsfehler (Alarmstufe Rahmstufe).
Dass er gekonnt mit Worten umgehen und zu Papier bringen kann, wissen Heinzer-Fans ohnehin. Dass er Querflöte spielt und sich zwischendurch als Panzerknacker verkleidet, beeindruckt, verwirrt und belustigt gleichzeitig. Bei seiner Mischung aus Konzert, Diashow und Lesung fällt es akustisch manchmal schwer zu folgen ("Langweilige Passagen nuschel\' ich weg"). Mancher Zuhörer fragt sich, was der Kerl da auf der Bühne eigentlich genommen hat.Hommage an Whittaker


Geschichten mit Überschriften wie "Senioren - eine Generation ohne Zukunft?" und Erklärungen darüber, warum Probleme eigentlich für uns sind - sonst hießen sie ja Antibleme -, machen einfach Spaß. Dass er als ehemaliger Tanzmusiker ein Roger-Whittaker-Medley performt, ist ebenso logisch wie schräg.
Nur schade, dass Heinz Strunk sich trotz aller Motivationsmantren nach seinem Auftritt in Trier nicht - wie normalerweise bei einer Autorenlesung üblich - zum Signieren seiner zum Verkauf angebotenen Bücher motivieren lässt. kap

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