Laut-starkes Spiel mit Worten und Melodien

Trier · Ein quirliges Biest, ein polternder Sprachforscher und reichlich High Society: Die Inszenierung des Musicals "My fair Lady" in Trier lebt vor allem von Witz und Charme, einer starken Besetzung sowie musikalischen Leistung und liebevoll gewählten Kostümen.

Standard? Wer will schon Standard sein? Sprachforscher Henry Higgins will. Und bringt auch sein Umfeld dazu, sich den Direktiven der Sprachnorm zu ergeben. Sein Lohn? Ein Krieg mit Worten. Sein Gegner? Eliza Doolittle: das Blumenmädchen, deren Akzent jedem gleich ihre niedere Herkunft verrät. Und eben das will Higgins, gespielt von Michael Ophelders, ändern und wettet mit Fachkollege Oberst High Pickering, sie innerhalb von sechs Monaten zu einer Lady zu machen. Doch am Anfang steht der Kampf mit spitzen Waffen: Vokale, Umlaute, Flüche.

Zugegeben: Das Musical aus der Feder von Frederick Loewe bietet eine derart solide und amüsante Grundlage für eine Inszenierung, dass ein Regisseur dem Publikum schon viel zumuten müsste, um es zu enttäuschen. Marc Pierre Liebermann wiederum gelingt es, den Witz des Stücks zu unterstreichen und so viel Bewegung auf die Bühne zu bringen, dass dem Zuschauer keine Minute langweilig wird, wie sich bei der Premiere im Theater Trier zeigte.

Orchester muss sich nicht zurücknehmen



Klar, das Stück lebt vor allem von Eliza Doolittle. Nadine Eisenhardt füllt diese Rolle mit enormer Lebhaftigkeit aus, wütet als biestige und entzückend ordinäre "Muttersprachenmörderin" - erfrischend authentisch und köstlich genervt, später dann von der Dramatik ihres Zwiespalts zwischen ihrem alten und neuen Leben ergriffen.

Das große Plus dieser Inszenierung: Dank des Einsatzes von Mikrofonen auf der Bühne muss sich das Orchester unter der Leitung von Christoph Jung nicht mehr zurücknehmen, und die Darsteller sind deutlich zu verstehen. Was sich lohnt, denn die musikalische Leistung von Sängern und Orchester überzeugt vollauf. Vor allem die Stimme Pawel Czekalas in der Rolle von Elizas unmoralischem Vater Alfred gewinnt auf diese Weise an Dominanz.

Die eher dezente Kulisse, produziert am Theater Trier selbst (Wendelin Heisig), lässt Raum für die Wirkung der Kostüme (Carola Vollath). Führen doch eben diese neben dem Akzent die sozialen Grenzen vor Augen - besonders deutlich beim Pferderennen in Ascot. Gekleidet komplett in schwarz-weiß bewegt sich die High Society in ihren Kaffeetassen rührend im Gleichschritt. Untergebene des Standards, die nur mit hohlen Worten dienen können.

Modern kommt die Idee daher, die Wände in Higgins Heim mit Wortlisten zu pflastern. In anderen Szenen erschließt sich die Symbolik der Bühnenmalereien weniger oder wirkt wie beim Pferderennen - mit britischen Fähnchen gespickt - leicht kitschig-überladen.

Doch vor allem an einem fehlt es dem Musical nicht: Humor. Komische Elemente beispielsweise im Tanz, die Queen als wiederkehrender Dauerwitz und ein fahriger Oberst Pickering (Ferry Seidl) bringen das Publikum im ausverkauften Haus immer wieder zum Lachen. Am Ende siegt selbstredend die Liebe. Eine Liebe fernab des Standards, die sich nicht kitschig inszeniert und keiner vielen Worte mehr bedarf.

Weitere Vorstellungen: 8./12./13./18./25. März; 10./16./24. April; 11./26. Mai. Karten gibt es an der Theaterkasse, Telefon 0651/7181818.

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