Leise Töne treffen klare Gedanken

Während immer mehr Künstler auf immer komplexere Arrangements und immer ausgefallenere technische Effekte setzen, um ihre Musik zu inszenieren, reduziert Kieran Goss seine Stücke auf das Wesentliche. Der Sänger und Gitarrist stellt die Komposition in den Vordergrund - und wird dafür von seinen Anhängern völlig zu Recht verehrt.

 Garant für einfühlsame Arrangements: Kieran Goss. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Garant für einfühlsame Arrangements: Kieran Goss. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Trier. (kbb) "One Boy's Treasure" ist in vielerlei Hinsicht ein exemplarischer Song aus der Feder des nordirischen Musikers Kieran Goss: Moderates Tempo, spielerisch-leichte Begleitung auf der Gitarre, die auch gleichzeitig den Rhythmus vorgibt - kräftige Bläser oder hämmerndes Schlagzeug sucht man im gesamten Oeuvre des Songwriters vergeblich. Das ist die technische Seite. In ungewöhnlich fröhlichen Tönen besingt er darin den Tod seiner Mutter. Und lächelt dabei, während er ins Publikum blickt. Es geht ihm dabei nicht um Trauer, sondern um die positive Erinnerung an einen Menschen, erklärt er den Zuhörern hinterher. Das ist die emotionale Seite.

Nimmt man beides zusammen, erhält man schon durch diesen einen Song einen tiefen Einblick in das, was Goss' Musik ausmacht: Sie ist bemerkenswert einfach und durchschaubar, ohne dabei simpel zu wirken; seine Texte bringen klare Gedanken und eindeutige Botschaften hervor, ohne dabei platt zu sein. Was seine Musik so herausragend macht, ist die Tatsache, dass sie zwar nach der skizzierten "Formel" relativ einfach nachvollziehbar wird, aber umgekehrt alles andere als vorhersagbar, langweilig oder monoton.

In unzähligen Schattierungen fächert Goss eine bunte Palette aus unterschiedlichsten Harmonien und Themen auf: mal eher langsam und melancholisch wie bei "Reasons to Leave", einem Lied über die eigene und die Emigration seiner Geschwister aus dem seinerzeit armen Nordirland; mal eher schnell und beschwingt wie bei "Brand New Star". Rund 20 Songs hat der Ire im Gepäck.

Mit einer dezenten Begleitung aus Kontrabass und Hintergrund-Gesang unterstreicht Goss den puristischen Charakter seiner Kompositionen im Vergleich zu den Studioaufnahmen nochmals. Und ohnehin ist er das, was man einen leidenschaftlichen Live-Musiker nennt. Große Gesten sind ihm dabei allerdings genauso fremd wie der Wunsch, übermäßig mit Applaus überhäuft zu werden - stattdessen schickt er lieber seine Musikerkollegen nach vorne.

Bescheidenheit scheint der Schlüssel zu sein, der dafür sorgt, dass der Funke überspringt. Anders formuliert, könnte man sagen: Da steht ein Mann auf der Bühne, dem man anmerkt, dass es ihm wirklich um die Musik geht und nicht um das Drumherum.

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