Lesen zwischen den Zeilen

Wittlich . Die junge russische Pianistin Swetlana Travnikowa war mit einem Etüdenabend beim Wittlicher Musikkreis zu Gast und belegte, wie viel Musik in den kleinen Kompositionen steckt.

Es hat funktioniert. Im letzten Jahr gab die Pianistin Swetlana Travnikowa beim Musikkreis der Stadt Wittlich ihre ganz persönliche Visitenkarte ab. Damals gestaltete sie zusammen mit einem Cellisten ein Konzert, das aufhorchen ließ. Die Zustimmung, mit der die Künstlerin damals vom Publikum begleitet wurde, brachte ihr eine erneute Einladung in die Synagoge ein - als Solistin. Vielleicht lag es am Programm, dass diesmal nur wenige Zuhörer den Weg nach Wittlich fanden. Überschrieben war das Konzert lapidar mir "Konzertetüden der Romantik". Doch sie hatte Musik zu bieten, die tiefe Einblicke in ihr Seelenleben bot. Gleich an den Anfang setzte sie mit den "Variations serieuse", Opus 54, von Felix Mendelssohn Bartholdy einen Glanzpunkt, mit dem der Zuhörerschaft mitgeteilt wurde, hier geht es um mehr als um Technik und Virtuosität. Natürlich waren die auch gefragt, sogar in hohem Maße. Sie waren aber bei Travnikowa nur ein Mittel zu dem Zweck, die Aussagen des Komponisten deutlich an die Oberfläche zu bringen. Bei aller Brillanz, die man ihrem Spiel attestieren muss, ließ sie das, was Mendelssohn zwischen die Zeilen geschrieben hat, aufleuchten. Gleiches galt auch für die fünf Etüden aus Opus 10 und die drei aus Opus 25 von Frédéric Chopin, für ihre Auswahl der Komponisten Alexander Skrijabin (dis-Moll, Opus 8, Nr. 7 und cis-Moll, Opus 2, Nr. 1), Sergej Rachmaninow (Etude Tableaux, Opus 33, Nr. 8 und Opus 39, Nr. 1) sowie Claude Debussy, von dem sie "Pour les huit doigts" und "Pour les dergrês chromatique" erklingen ließ. Niemand konnte danach sagen, Etüden seien nur zum Üben da.

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