Lesermeinung: Christian Krauß, Kassel

Trier · Leserbeitrag: Mit Interesse verfolge ich seit Wochen, nein eigentlich seit Jahren, die Entwicklung der Antikenfestspiele; dies nicht nur aus der Ferne, sondern als „Halb-Trierer“ auch aus der Nähe als Zuhörer bzw. Zuschauer. Dass nun der bedauernswerte Status quo eingetreten ist, war leider nicht erst in den letzten Monaten abzusehen, vielmehr musste der aufmerksame Beobachter dieses Unheil schon vor einigen Jahren kommen sehen, wofür es sicher eine Reihe von Gründen gibt. Völlig richtig ist die mehr und mehr festzustellende Konzeptionslosigkeit der letzten Jahre, die die Festspiele überregional in der Versenkung verschwinden ließen. Auch vermeintlich große Namen helfen nur wenig zu Renommee, wenn es sich dabei um Künstler handelt, die ihren Zenit schon weit überschritten haben (Kollo, Behrens u.a.). Gleiches gilt – mit Verlaub - für „Künstler“ wie Guildo Horn oder Ralf Bauer, die sicher nicht geeignet sind, das Profil eines anspruchsvollen Kulturfestivals zu schärfen. Natürlich ist es einfacher mit teuren Gästen Festspiel-Flair zu erreichen; zahlreiche Festivals erreichen dies aber auch mit jungen, talentierten Sängern (Stichwort „Podium Junger Künstler“). Hier bedarf es eben eines Intendanten oder künstlerischen Leiters mit entsprechender Erfahrung und der dazugehörigen Nase. Darüber hinaus konnte in der Vergangenheit immer wieder festgestellt werden, dass professionelles Marketing als Grundvoraussetzung für eine solide Wirtschaftlichkeit offenbar nicht existierte. Wie sonst ist es zu erklären, dass man in überregionalen Anzeigen von den Antikenfestspielen lesen konnte, aber nicht wusste, wo diese stattfinden, da die Nennung der Stadt Trier vergessen wurde – um nur ein (peinliches) Beispiel zu nennen. Auch diesbezüglich müssen vor einer Fortsetzung in 2010 erst einmal die Hausaufgaben gemacht werden, was heißt, Analyse zu betreiben, wie in diesem Punkt effektiver und professioneller gearbeitet werden kann. Neben all diesen Fragen aber muss die Stadt Trier vor allem schnell eine Task-Force mit Experten bilden, die sich Gedanken über das zukünftige Konzept machen. Dazu gehört meines Erachtens auch unabdingbar eine Ausweitung des Veranstaltungskatalogs. Eine Oper, ein Schauspiel, ein Konzert – das ist schlicht zu wenig und verdient den Namen Festspiele nicht. Ich erinnere, dass es in den Anfangsjahren noch ein Symposium gegeben hat und Lesungen stattgefunden haben. Immerhin. Das wäre schon mal ein Anfang. Oder wie sieht es aus mit der Einbeziehung zeitgenössischer Musikprojekte, ohne solche ein überregionales Interesse heutzutage kaum mehr zu erreichen ist. Gerade im Bereich der Kammer- und Chor musik gibt es unzählige zeitgenössische Werke mit inhaltlichen Bezügen zur Antike. Gleiches gilt für die Bereiche Film, Literatur und Tanz. Denkbar sind auch Ausstellungen, die die Festspiele inhaltlich begleiten usw. usw. Und um eines deutlich zu sagen: Nicht alles ist stets mit größeren Kosten verbunden; man werfe nur einen Blick in Triers Partnerstadt nach Weimar, wo Nike Wagner es geschafft hat, in weniger als zehn Jahren ein attraktives, angesehenes und national bedeutendes Festival (Kunstfest Weimar) zu etablieren. Empfehlenswert ist auch ein Blick auf die Kasseler Musiktage, die Jahr für Jahr trotz dürftiger finanzieller Ausstattung, aber mit einem großartigen Konzept, überregionales Interesse erregen. Was Trier, was die Antikenfestspiele brauchen, sind kreative und intelligente Köpfe mit Visionen, also einen Neuanfang auf allen Ebenen. Christian Krauß VG Musikedition Geschäftsführer Königstor 1A 34117 Kassel

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort