Liebeskummer unter freiem Himmel

Bengel. Mit der Barockoper "Dido und Aeneas" von Henry Purcell gestaltete der Musikkreis Springiersbach sein Sommerkonzert. Wenn auch in vielen Teilen beeindruckend, gelang es der Bayerischen Kammeroper nicht, aus der Aufführung ein herausragendes Ereignis zu machen.

 Ein eindrucksvolles Bild: Sängerinnen der Bayrischen Kammeroper in Springiersbach.Foto: Gerhard W. Kluth

Ein eindrucksvolles Bild: Sängerinnen der Bayrischen Kammeroper in Springiersbach.Foto: Gerhard W. Kluth

Konsequentes Handeln hat manchmal zur Folge, dass auf lieb gewordene Traditionen verzichtet werden muss. So erging es dem Musikkreis Springiersbach bei seinem diesjährigen Openair-Konzert im Innenhof des Springiersbacher Karmeliterklosters.Das Feuerwerk fiel aus

Normalerweise wird der Abend mit einem großen Höhenfeuerwerk beendet. In diesem Jahr aber stand die Oper "Dido und Aeneas" von Henry Purcell auf dem Programm. Da wäre es schon merkwürdig gewesen, wenn nach dem Schlussbild, in dem die wegen Liebeskummer dahingeschiedene Dido alleine auf der Bühne liegt, ein lautstarkes Farbspektakel am Himmel erschienen wäre.Überhaupt war Konsequenz eine Eigenschaft, die von den Veranstaltern groß geschrieben wurde. Angekündigt war mit dem "Neuen Ensemble Leipzig" ein Orchester, das mit altem Instrumentarium und in barocken Kostümen auftreten sollte. Nun stellten Musiker und Organisatoren aber fest, dass die nach altem Muster gefertigten Violinen unter freiem Himmel klanglich doch etwas dünn waren. Deshalb griff man lieber auf die neuzeitlichen zurück und verzichtete folgerichtig auch auf die barocke Verkleidung der Musiker.In die Tiefen der britischen Archive war Blagoy Apostolov, Intendant und Regisseur der Bayerischen Kammeroper, hinab gestiegen, um sich ein möglichst genaues Bild von der Uraufführungs-Situation der Purcell-Oper machen zu können und um diese mit neuem Leben zu erfüllen. So besetzte er die insgesamt neun männlichen und weiblichen Rollen ausschließlich mit sechs Sängerinnen, da Purcell das Werk für ein nicht all zu großes Mädchenpensionat geschrieben hatte. Er folgerte daraus, dass bei der Uraufführung keine männlichen Akteure beteiligt waren. Auch verzichtete Apostolov auf einen Chor und ließ diese Partien von den Solisten übernehmen.Was die Zuhörer erlebten, war eine Aufführung, die nicht so konsequent überzeugen konnte, wie es die Bemühungen der Verantwortlichen vermuten ließen. Überaus angenehm ragten die Leistungen der Sängerinnen über das gesamte Erscheinungsbild hinaus. Insbesondere Margarethe Westerlind als Dido und Yukiko Shimbo als deren Schwester Belinda und als erste Hexe machten eine ausgezeichnete Figur - sowohl stimmlich als auch von der schauspielerischen Leistung her.Kostüme der Sängerinnen waren eine Augenweide

Eine Augenweide waren auch die Kostüme, mit denen Anke Behrens und Greti Apostolov die Sängerinnen ausgestattet hatten. Beim Orchester musste man etliche Abstriche machen. Intonatorisch konnte es nicht überzeugen, und die Interpretation sowohl der im ersten Konzertteil gebotenen Musik zu Shakespeares "Sommernachtstraum" von Purcell als auch bei der Oper selbst war weit von dem entfernt, was man unter barocker Spielweise versteht. Unter Leitung von Gernot Oertel war nicht viel von innerem Feuer der Musik zu erleben.Purcell hat immer wieder größte Anerkennung für seinen Umgang mit der englischen Sprache erhalten. Tatsächlich ist es die geniale Verbindung von Sprache und Musik, die die Geschichte miterleben lässt. Da muss es unverständlich bleiben, warum Apostolov den Text für seine Aufführung ins Deutsche übersetzt hat. Hat ihn hier der Mut zur Konsequenz verlassen? Schade. Um von einem herausragenden Erlebnis sprechen zu können, stand der Regisseur sich selbst im Weg.

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