Magie und Poesie am Piano

Luxemburg · Die französische Starpianistin Hélène Grimaud hat das Publikum in der Luxemburger Philharmonie verzaubert. Reflektionen zum Thema Wasser und die energiegeladene zweite Klaviersonate von Brahms entfachten Begeisterungsstürme bei den 1500 Zuschauern.

 Spielerisch leicht auch in den anspruchsvollsten Passagen: Hélène Grimaud brilliert am Steinway-Flügel in der Philharmonie. Foto: Roland Miny

Spielerisch leicht auch in den anspruchsvollsten Passagen: Hélène Grimaud brilliert am Steinway-Flügel in der Philharmonie. Foto: Roland Miny

Foto: Roland Miny

Luxemburg. Längst hat Hélène Grimaud den Status als eine der weltbesten Klaviervirtuosen hinter sich gelassen, ihre beeindruckende Karriere hat durch ihr Engagement für soziale Gerechtigkeit, Naturschutz und ihr literarisches Wirken noch weitere Facetten erhalten. Drei Bücher hat sie mittlerweile verfasst; eine sinnvolle Nutzung der langen Wartezeiten in den Hotel-Suiten auf ihren Konzertreisen rund um die Welt. Ihr Repertoire erweitert sie ständig, ihre besondere Liebe zur Musik von Johannes Brahms (1833-1897) bleibt eine Konstante. Bei ihrem jüngsten Auftritt in der Luxemburger Philharmonie spielt sie dessen Klaviersonate Nr. 2. Eine halbe Stunde voller musikalischer Magie und Lyrik.
Im schlichten schwarzen Outfit sitzt die jugendlich wirkende 45-jährige Südfranzösin am großen Steinway-Flügel, quasi ungeschminkt. Ihr Habitus ist bescheiden, zurückhaltend, auch in Momenten größter Expression stehen immer ihr virtuoses Spiel und die Musik im Mittelpunkt, niemals drängt sich die Person in den Vordergrund.
Brahms strotzt vor Vitalität


Beeindrucken wollte aber der erst 19-jährige Brahms mit seiner Musik, und das gelingt ihm auf bezwingende Art und Weise. Seiner Freundin und Unterstützerin Clara Schumann ist das Werk gewidmet, das vor Vitalität strotzt. Nach fulminantem Beginn entfaltet sich sein vielfältiger, widersprüchlicher und wechselhafter Spannungsbogen, die Grimaud verschmilzt mit der Musik und dem Instrument. Spielerisch leicht und kontrolliert meistert sie auch die anspruchsvollsten Modulationen.
Der "stürmische Klang und die Reminiszenzen an die Naturgewalten" (Hélène Grimaud) in dieser Sonate schließen sich nahtlos an den vorangegangenen ersten Teil des Konzertes an. Diesen hatte die Künstlerin als "Water-Reflections" betitelt, acht kurze Stücke von Berio, Takemitsu, Fauré, Ravel, Albéniz, Liszt, Janácek und Debussy zum Thema Wasser im weitesten Sinn. Dabei entfaltet Grimaud eine schier unglaubliche Klangfülle, die die verschiedenen Aggregatzustände des Ur-Elementes Wasser abbilden.
Mal leise und zart, mal anschwellend, mal melodisch, mal mit Unebenheiten im Rhythmus. Sie spielt die Musik ohne Unterbrechungen, wie aus einem Guss, so fügen sich die unterschiedlichsten Kompositionen durch die intelligente Auswahl und Aneinanderreihung zu einem einzigen, magisch anmutenden Klangfluss.
Frenetisch klatschen die 1500 Zuschauer im ausverkauften Haus, Bravo-Rufe, stehender Applaus und vier (!) Zugaben beschließen einen wunderbar poetischen Abend.

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