3100 Zuschauer Marc Martel und One Vision of Queen in Trier: Die Auferstehung

Trier · Freddie Mercury in der Arena Trier! Oder doch nicht? Wenn 3100 Zuschauer bei Marc Martel und One Vision of Queen die Augen schließen, dann hören sie die verstorbene Queen-Legende. Dabei ist Martels unglaubliche Stimme nicht einmal das Schönste an diesem Abend.

 Sieht nicht aus wie Freddy Mercury, klingt aber so: Marc Martel und One Vision of Queen begeistern in der Arena Trier 3100 Menschen – und alle Altersklassen sind vertreten.

Sieht nicht aus wie Freddy Mercury, klingt aber so: Marc Martel und One Vision of Queen begeistern in der Arena Trier 3100 Menschen – und alle Altersklassen sind vertreten.

Foto: Sebastian J. Schwarz/sjs / Sebastian J. Schwarz

Als Mittzwanziger hat man ein Problem: Der Fluch des zu spät geboren sein lässt einen viele Dinge verpasst haben. Als Andreas Brehme 1990 im WM-Finale den entscheidenden Elfmeter verwandelt – noch nicht geboren. Kurt Cobain und Nirvana revolutionieren den Rock? Verpasst! Und dann ist da Freddie Mercury. Der Zauberer. Das Genie. Die Legende. Nach seiner HIV-Erkrankung stirbt er 1991. Wer damals schon lebt, der trauert. Wer erst danach geboren wird, der wird niemals die Chance haben, seine unvergleichliche Stimme zu hören. Denken alle – denn dann kam Marc Martel und One Vision of Queen. So durften sich 3100 Zuschauer in Trier noch einmal in Freddies Welt verirren.

Martel, ein Musiker, der mit seiner eigenen Band Musik aufnahm und kleinere Konzerte spielte, wurde nach seinen Auftritten immer wieder darauf angesprochen, dass er wie dieser eine Sänger klinge. Er erinnere die Menschen an jemanden. Martel kennt Queen, klar. Jeder kennt Queen. Also versucht er es, lädt ein Video bei YouTube hoch, auf dem er „Somebody To Love“ singt. Ohne große Erwartungshaltung. Als er morgens aufsteht, ist das Video bereits auf der ganzen Welt bekannt. Bis heute hat es 20 Millionen Aufrufe.

So startet die Queen-Reise von Martel. Aber genug Vorgeplänkel: Spätestens als der Kanadier am Freitagabend in der Arena Trier „Killer Queen“ singt, erkennt man beim Schließen der Augen kaum noch einen Unterschied. Dieser Mann sieht nicht aus wie Freddie Mercury, aber er klingt so. Gekleidet ist er wie Marc Martel: David-Bowie-Shirt, Lederjacke. „Es gibt viele, die sich auf der Bühne verkleiden und versuchen auszusehen wie Queen“, sagt er, „Wir nicht. Wir sind nicht Queen. Wir sind keine Schauspieler, wir sind Musiker.“

Man merkt ihm an, mit wie viel Ehrfurcht er an die Songs von Freddie und seinen Bandkollegen herangeht. Bei „Under Pressure“ und „I Want to Break Free“ zeigt Martel, dass er auch tanzen kann. Dabei bewegt er sich manchmal ein bisschen wie Mercury, ohne als Kopie und Schauspieler dazustehen. Das einzige Problem des Konzertes ist die Bestuhlung. Denn diese kleinen, fiesen Möbelstücke scheinen die Zuschauer zu fesseln. Nur selten steht jemand auf und tanzt. Aber keine Angst, das sollte sich ändern.

Die energiegeladenen Queen-Songs ordentlich performen, das können viele Tribute-Bands, die auf einer Kirmes oder einem kleineren Konzert auftreten.

Aber was ist mit den extremen Tonlagen, die Queen in ihre ruhigeren Songs (oder die ruhigeren Stellen in den unglaublich vielseitigen Songs) einbringt? Kann Marc Martel auch die singen wie Großmeister Mercury?

Oh ja. Das kann er. Er setzt sich an den Flügel und stellt die Frage, welche Musik Freddie den Menschen gegeben hätte, wenn er mehr Zeit gehabt hätte: „Vielleicht hätte er das Album mit der besten klassischen Musik herausgebracht, das man sich vorstellen kann?“ Wie hätte das geklungen? Martel probiert es aus und singt ein erstklassiges Ave Maria, bei dem sich Gänsehaut bildet. Die wird nicht weniger, als der Sänger direkt zu einem der wohl besten Songs der Geschichte übergeht: „Bohemian Rhapsody“. Martel sitzt weiter am Flügel, wir springen im Text etwas nach oben. Auch zu „Bohemian Rhapsody“ hat der Musiker ein Video auf YouTube hochgeladen, auch dieses ist durch die Decke gegangen. Nur noch ein bisschen mehr, es hat mittlerweile 35 Millionen Aufrufe.

In Zeiten von Fake News und sozialen Netzwerken wird hier deutlich: Das Internet lügt nicht. Okay, also zumindest nicht immer. Denn diese Version des Über-Songs kommt extrem nah an das Original heran. Augen zu, dann denkt man, dass dort der verstorbene Mercury sitzt.

Nach der Pause wird dann auch das Problem der Fessel-Stühle gelöst. Also es löst sich eigentlich von selbst, denn bei „Crazy Little Thing Called Love“ und „Another One Bites the Dust“ sitzen? Fast unmöglich. Die Arena erhebt sich, eigentlich könnte man die Stühle jetzt wegräumen, denn es wird ein Stehkonzert. So geht es auch weiter, in der zweiten Hälfte der Setlist sind die energiegeladenen Songs versteckt.

„The Show Must Go On“, „Radio Gaga“, „I Want It All“ – letztgenannter Song reißt endgültig alle Fans von ihren Stühlen los. Aber One Vision of Queen dosiert die Energie. Naja, am Freitag war ganz nebenbei noch Valentinstag. Also lässt Martel die Fans bei „Somebody to love“ und „Love of my Life“ auch noch schmachten und sich gegenseitig in den Armen liegen – um dann in der Zugabe mit „We Are the Champions“ und „We will rock you“ noch einmal die letzten Körner herauszukitzeln. Damit können wir dann auch den Kritikpunkt der Bestuhlung streichen.

Ein einzigartiger Abend mit einer Tribute-Band, die zwar klingt wie Queen, aber nicht versucht, Queen zu sein. Das Schönste an diesem Konzert ist aber nicht einmal Marc Martels unglaubliche Stimme. Noch beeindruckender ist, dass Queen auch 19 Jahre nach dem Tod von Freddie Mercury alle Generationen erreicht. Rentner, Kinder mit ihren Eltern – alle Altersklassen sind vertreten. Und Mittzwanziger, die dann doch noch (fast) Freddie Mercury erleben durften.

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