Maximierung Mensch - das Festivaltagebuch

Verhaltener Start, starkes Finale: Drei fast ausverkaufte Aufführungen meldete Festivalleiter Peter Oppermann am Freitagabend atemlos in der Tufa. Kam er doch gerade aus der Hochschule von einer "richtig guten" Zuschauerdiskussion im Anschluss an "Meine gottverdammte Aufdringlichkeit" der Sophiensäle Berlin.

Das Stück über die Unsicherheit der Generation Praktikum sei durchaus relevant in Trier, erfuhr Akteurin Anne Eger dabei. Sie hätte sich gerne die Arbeit der Kollegen angesehen. Doch sie musste ihr Stück für den Auftritt am Samstag im Studio anpassen, direkt nach dem ausverkauften "Der Mann in der Badewanne" der studentischen Bühne 1. In "Tschick" waren Darsteller, Zuschauer und die Inszenierung jünger. Videosequenzen, schnelle Szenen- und Rollenwechsel machten das Gastspiel des Staatstheaters Wiesbaden über zwei Ausreißer zu einem Roadmovie, umgesetzt für die Bühne. Benjamin Kiesewetter und Fabian Stromberger spielten nicht nur die Protagonisten Tschick und Maik, sondern - wechselseitig - sämtliche Personen des Stücks. Ein Kraftakt, der die 140 Gäste mitriss. Einen Kraftakt stemmte auch Oppermann: 23 Veranstaltungen in sieben Tagen an fünf Spielorten, drei Eigenproduktionen, zehn Gastspiele, Schreibwerkstatt, wissenschaftliche Tagung und zum Abschluss am Sonntag den Theatermarathon mit vier Stücken in sieben Stunden an zwei Orten. "So lange es ein Ziel gibt" (Koblenz) folgte im Studio dem "Faustkampf" - Faust 1 und 2 in 75 Minuten (Saarbrücken). Auch der technische Direktor stand vor einer echten Herausforderung: Für die "Schafinsel" (Kaiserslautern), wo es ununterbrochen schneite, mussten die Hinterlassenschaften der Schleimschlacht in "Machthaber" (Mainz) von der Bühne im großen Haus entfernt werden. Fünf Stunden Schlaf gönne er sich täglich, sagte Oppermann und nippte zur Stärkung für den Sonntag am eigens komponierten Festival-Cocktail - natürlich in der Festival-Farbe Neonrot. Doch: Die Gespräche mit den Vertretern anderer Häuser "bauen mich total auf, sie geben uns Input". Das habe Bewegung in die Diskussion um die Zukunft des Trierer Theaters gebracht. Fazit: 900 zahlende Gäste (2010: 1000), einige Veranstaltungen waren frei - mit der Minna-von-Barnhelm-Premiere sind es 1500, viel junges Publikum, viele Gespräche, viele Denkanstöße. So veranstaltet die Uni Luxemburg nächste Woche ein Forum über die "identifikationsstiftende Funktion des Theaters in der Großregion". Und Theaterwissenschaftler Ulf Schmidt, Berlin, fordert in seinem Blog in Anlehnung an das zweimal ausverkaufte Stück "Stadt in Aufruhr" ein "Theater des Aufstands" für Trier. Mechthild Schneiders Wir haben das Trierer Theaterfestival mit einer täglichen Kolumne begleitet. Weitere Infos: www.maximierung-mensch.de

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