Medeas Rache – Ariadnes Sehnsucht

TRIER. Mit einem Theatercafé hat Intendant Gerhard Weber ungewohnt früh den Startschuss für die Antikenfestspiele 2006 gegeben. Die Werbeveranstaltung unter dem Motto "Von Medeas Rache zu Ariadnes Sehnsucht" soll in mehreren Städten der Region dem Publikum die Festspiele näher bringen.

Der Festspiel-Chef bediente sich moderner Management-Terminologie, um den Sinn der Veranstaltung darzulegen: Ein "Kick off" solle es sein, ein "wichtiges Signal nach außen", dass die Festspiele noch da sind. Man habe bei den bisherigen acht Durchgängen "Höhen und Tiefen" kennen gelernt, wolle aber "aus Fehlern lernen", sagte Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink. Und lauschte anschließend mit unbeweglicher Miene dem "Respekt" und der "Anerkennung", die Intendant Weber dem "Festspiel-Erfinder" Heinz Lukas-Kindermann zollte - ungewohnt versöhnliche und deshalb erfreuliche Töne. Gemessen am Vokabular der Moderatoren Peter Oppermann und Peter Larsen steht Außerordentliches ins Haus, genauer gesagt: in die Kaiserthermen. Die Dramaturgen überschütteten das Publikum im Theater-Foyer mit Attributen wie "wunderbar", "einmalig", "großartig", "außergewöhnlich". Aus dem Rahmen fällt jedenfalls das "Nebenprogramm". Erstmals wird es Open-Air-Theatercafés in den Kaiserthermen zu den beiden Haupt-Produktionen geben, je eine Woche vor der Premiere. Das Antikensymposium am 14. Juni an der Uni glänzt mit einer Uraufführung zum Thema "Ariadne", und Glanz dürfte auch die Lesung von Theater-Legende Jutta Lampe am 29. Juni verbreiten, wenn auch der Ort mit den Kaiserthermen mutig gewählt ist. Für das Festspielkonzert "Römische Nächte" am 2. Juli warb im Foyer das Horn-Quartett der Trierer Philharmoniker mit einem Appetithappen aus der "Roma-Suite" von Georges Bizet. Das Haupt-Interesse galt dem Schauspiel "Medea" und der Oper "Ariadne auf Naxos". Zwar wollte man im Detail gar nicht auf die Stücke eingehen, geriet aber im Laufe der gut zweistündigen Veranstaltung doch tief in die Materie. Spannend die erste Begegnung mit Medea-Darstellerin Heike Trinker. Die Schauspielerin, in der Fernseh-Soap ebenso zu Hause wie in großen Theater-Produktionen, berichtete von früheren Begegnungen mit der Medea-Figur. Dass sie in Trier, anders als in Konstanz, die Rolle nicht nackt und glatzköpfig verkörpern muss, trug zu ihrem Wohlbefinden ebenso bei wie zur Beruhigung des -- überwiegend gesetzteren - Publikums. Was über Bettina Rehms Regie-Konzept für die Kaiserthermen herauszuhören war, klang eher nach einer aktuell-politischen Interpretation als nach tiefenpsychologischen Verquastheiten. Wie viele Deutungsmöglichkeiten der "Mythos Medea" liefert, deuteten Beiträge der Trierer Ensemble-Mitglieder Hille Beseler und Peter Singer an.Holkenbrinks Prophezeiung

Auch Richard Strauss' listige Komödie "Ariadne auf Naxos" bietet reichlich Interpretationsstoff, wie das Gespräch mit Titelheldin Vera Wenkert zeigte. Die Antike ist dabei nur Projektionsfläche für eine Auseinandersetzung zwischen Kunst und Kommerz, E- und U-Musik, Kompromisslosigkeit und Anpassung. An den von Vera Wenkert, Gor Arsenian und István Dénes vorgetragenen Auszügen war die wachsende Tendenz von Strauss und seinem Librettisten Hofmannsthal zum Nichtendenwollenden spürbar - zumal dann, wenn man nur Teile des Textes versteht. Dem Werbeeffekt für die Festspiele wäre eine Raffung ebenso zuträglich wie eine Optimierung der Wortverständlichkeit. Die mutigste Prognose wagte die Politik: Kulturdezernent Holkenbrink versicherte, es werde im Juni "einen schönen Sommer und daher erfolgreiche Festspiele" geben.

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