Mehr als ein Musikstil

Die "Swing-Legenden" sind mit klassischem Big-Band-Sound wieder auf Tournee. Das vom Trierischen Volksfreund präsentierte Konzert lockte am Mittwochabend jedoch nur 650 Gäste in die Arena Trier.

 Hugo Strasser, Ellen Kessler, Paul Kuhn, Alice Kessler und Bill Ramsey (von links) sind die „Swing-Legenden“. TV-Foto: Daniel John

Hugo Strasser, Ellen Kessler, Paul Kuhn, Alice Kessler und Bill Ramsey (von links) sind die „Swing-Legenden“. TV-Foto: Daniel John

Trier. (daj) "Lebst du immer noch?" So sei er schon auf der Straße angesprochen worden, erzählt Hugo Strasser auf der Bühne der Trierer Arena. Der Grandseigneur der Tanzmusik empfindet eine solche Begrüßung zwar als etwas ungehörig, doch er steht zu seinen nunmehr 86 Jahren: "Seit ich 80 bin, kokettiere ich mit meinem Alter."

Strasser lässt mit seiner Musik Erinnerungen an die Zeit der Tanzschule aufleben, über viele Jahrzehnte hinweg haben Millionen zu seinen Klängen ihre Schritte geübt oder erste verliebte Blicke gewechselt.

Paul Kuhn springt für Max Greger ein



Im Konzert der "Swing-Legenden" ist der liebevoll "Klarinetten-Hugo" genannte Bayer - selbst übrigens ein bekennender Tanzmuffel - der Älteste. Doch auch die Künstler-Kollegen sind keine Teenager mehr. Zusammen mit Bill Ramsey (77), Paul Kuhn (80) und den Zwillingen Alice und Ellen Kessler (jeweils 72) ergeben sich stolze 387 Jahre.

Paul Kuhn sollte in diesem Jahr eigentlich nicht mit auf Tournee gehen, doch weil Max Greger wegen einer Bronchitis kurzfristig ausfiel, ist der "Mann am Klavier" noch einmal eingesprungen. Seine Augen sind schwach, er trägt eine dicke getönte Brille. Aber in den Knien federt er zu den Klängen der Big-Band des SWR, als wäre er nicht "Paulchen", sondern Schmidtchen Schleicher mit den elastischen Beinen. Diese Musik - in seiner Jugend noch verboten - ist sein Leben. Hier wird er wieder jung. Wie Kuhn spielte auch Hugo Strasser nach dem Krieg in amerikanischen Jazzclubs. Es ist die Generation, für die Swing mehr war als nur ein Musikstil. Swing und Jazz waren ein Lebensgefühl, bedeuteten Freiheit. Bill Ramsey kam in den 50er Jahren mit der US-Armee nach Deutschland und blieb. Kommerziell war er mit blödelnden Schlagern wie vom "Wumba-Tumba-Schokoladeneisverkäufer" oder der "Zuckerpuppe aus der Bauchtanz-Truppe" erfolgreich. Doch wenn er "Georgia on my Mind" und "The Lady is a Tramp" anstimmt, dann kann sich seine noch immer kraftvolle Stimme am besten entfalten. Das doppelte Fräuleinwunder Alice und Ellen Kessler präsentiert seine langen Beine im Hosenanzug zwar nicht mehr so freizügig wie früher, aber beweglich sind die Zwillinge geblieben. "Sie tanzen wie eh und je", findet Mechthild Meyer aus Waldrach. Allen Künstlern zollt Elisabeth Dohr aus Reinsfeld ihren Respekt: "Für das Alter ist das schon enorm." Die Altmeister des Swing sind immer noch große Künstler, die die Musik, mit der sie groß geworden sind, authentisch präsentieren. Viele Plätze in der Arena sind dennoch leer geblieben.

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