UNTERM STRICH – DIE KULTURWOCHE Mein kleiner grüner Kaktus ...

Wer erinnert sich nicht noch an den Gummibaum im Wohnzimmer von Oma und Opa? Die Pflanze war ebenso fester Bestandteil der Einrichtung wie der Schrank aus der Ära des Gelsenkirchener Barock und das Sofa mit der holzgeschnitzten geschwungenen Rückenlehne und den Rundpolstern für die Arme rechts und links.

 Die Plastik „Knospentanz“ von Hans Arp (1936) steht in der Ausstellung „Grüne Moderne“.

Die Plastik „Knospentanz“ von Hans Arp (1936) steht in der Ausstellung „Grüne Moderne“.

Foto: dpa/Christian Knieps

Mit solchen Möbeln kann man heute keinen Blumentopf mehr gewinnen – und mit dem Gummibaum übrigens auch nicht. Der wird jetzt immerhin zum Objekt einer Ausstellung – unter anderem. Denn den Ruhm muss sich der Ficus elastica aus der Familie der Maulbeergewächse mit anderem Grünzeug teilen.  

Unter dem Titel „Grüne Moderne“ beschäftigt sich eine Ausstellung des Museums Ludwig in Köln von morgen an mit der veränderten Sicht auf Pflanzen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Damals hielten erstmals exotische Topfpflanzen Einzug in deutsche Wohnzimmer, weil durch Kohleheizungen eine ausreichend hohe Temperatur auch im Winter sichergestellt war. Der Besitz von Kakteen galt dabei als Ausweis einer antibürgerlichen Gesinnung. So wie zur Großwildjagd rückten Spezialisten auch zur Kakteenjagd aus, um mit besonders stattlichen Exemplaren zurückzukehren, die dann manchmal auch „draußen auf’m Balkon“ standen, wie die Comedian Harmonists festgestellt hatten.

In dem Kinofilm „Das Blumenwunder“ wurden dem Publikum 1926 erstmals Zeitraffer-Aufnahmen von Pflanzen vorgeführt. Dass die Pflanze lebe, sich bewege, einen Puls habe und ermüden könne, beschrieb der Physiker Jagadish Chandra Bose in seinem populären Buch „Die Pflanzenschrift“. Dies führte dazu, dass in Film und Literatur der Weimarer Republik auch Horrorfantasien von Pflanzen in Mode kamen, die dann in Musicals wie „Der kleine Horrorladen“ ihren Höhepunkt fanden, wo menschenfressende Gewächse die Hauptrolle spielten.

Die 130 Exponate, die das Museum zeigt, stammen unter anderem von den mit grünem Daumen gesegneten Blumenfreunden Hans Arp, Otto Dix, Max Ernst, Ernst Ludwig Kirchner, August Sander und Karl Schmidt-Rottluff.

Eine kostengünstigere Variante, um das Volk mit weltberühmter Kunst bekanntzumachen, hat ein New Yorker Museum entdeckt.  Die „Hall des Lumières“, betrieben unter anderem von einer französischen Kulturmanagementfirma, ist im Gebäude einer früheren Bank direkt hinter dem Rathaus der Millionenmetropole in Manhattan angesiedelt. Und die zeigt nur die Bilder von Bildern: zum Beispiel vom österreichischen Maler Georg Klimt (1862-1918) – in einer digitalen Schau. Echte Werke sind in dem Museum nicht zu sehen. Stattdessen werden die Gemälde an die fast zehn Meter hohen Wände sowie teils auch auf die Decken und den Boden projiziert. „Gold in Motion“ ist die virtuelle Klimt-Show überschrieben. Alle zehn bis zwölf Monate soll übrigens eine neue Ausstellung folgen. no/dpa

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