Meister der Multikulti-Improvisation

Trier · Kaya Yanar reist um die Welt - auf der Suche nach neckischen Eigenheiten der Nationalitäten, die Futter für seine Comedy liefern. Und er hat reichlich davon gefunden, wie sein rasant-nonchalantes Rollenspiel in Trier bewies.

Er ist der bettelnde Hund. Der indische Zombie. Die schwyzerdütsche Telefonsex-Promoterin. Und er ist Improvisator. Kein Gag von Kaya Yanar wirkt einstudiert. Das Publikum ist von der ersten Sekunde an Teil der Show "All inclusive", in der der Comedian deutsch-türkischer Abstammung bisweilen im Sekundentakt die Rollen wechselt und eine Reise antritt, die im Nasenloch eines Hais endet.

1150 Menschen verfolgen in der Trierer Europahalle den Auftritt Yanars. Er berichtet ihnen von seinen Reisen. Er sucht: Frau Yanar. Er findet: überhebliche Franzosen, rasende Italiener, türkische Chaoten, winzige Asiaten, gigantische Amerikaner und steife Deutsche, die nur hinter dem Steuer ihrer S-Klasse zur Teutonen werden. Selbst als maulender Hund und frankophile Katze schleicht der 37-Jährige über die Bühne. Und natürlich schlüpft er hin und wieder, gerne auch mitten im Satz, in seine Paraderollen als naiver Inder Ranjid und Macho-Türke Hakan.

Sowohl die Eigenheiten als auch die Sprache der Nationalitäten - wie das "Deutsch auf witzig" der Holländer und das konsonantenstarke Kroatisch - werden zur Grundlage seiner locker-ungekünstelten Comedy, die reichlich Platz für spontane Interaktion lässt. Dabei nimmt er gerne auch Vorurteile aufs Korn: "Einige von euch denken, sie kennen mich von Aktenzeichen XY, aber das bin ich nicht."

Und auch vor politischen Konflikten macht er nicht Halt, fragt, ob Türken und Griechen im Publikum sind. "So, ihr habt euch jetzt gesehen, macht das untereinander aus."

Und einen jungen Mann mit serbischen Wurzeln fordert er mit einem Augenzwinkern auf: "Sprich kroatisch mit mir, sonst hole ich die Russen!"

Die zweite Hälfte des Programms aber schwächelt. Kaya Yanar zeigt, dass er auch den - gelinde gesagt - schlichten Humor beherrscht. Der, der sich zum Beispiel um Blähungen im Schulbus dreht. Nun ja.

Dabei beweist die Zugabe, wie politisch sein Grundthema ist. "Als Merkel sagte, Multikulti ist tot, habe ich erst mal vor Schreck in den Spiegel geschaut. Mein Gott!?" Ja, er lebte noch. Der Gegenbeweis.

Und was sagen Menschen, die selbst ausländische Wurzeln haben, zu Yanars Humor? "Man könnte manches schon als Beleidigung empfinden, auch wenn er es nicht böse meint", sagt Esenija Henzele. Die 32-Jährige stammt aus Lettland, lebt seit sieben Jahren in Deutschland und seit fünf Jahren in Trier. Letztlich sei es für jede Nation typisch, auch für Lettland, vor allem Nachbarländer auf die Schippe zu nehmen. Yanar habe zudem keine Rangordnung im Hinterkopf: "Er lacht ja über alle, auch über sich selbst."

Kaya Yanar kommt am 18. November erneut nach Trier, er tritt in der Arena auf.

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