Meisterwerke vom Wunderknaben

Trier · Eine neue Sonderausstellung des Stadtmuseums Simeonstift widmet sich dem 1712 in Triers Partnerstadt Weimar geborenen Maler und Grafiker Christian Wilhelm Ernst Dietrich. Es ist die erste umfassende Werkschau des zu seiner Zeit international gefragten Künstlers seit rund 200 Jahren.

Trier. Er war, wie es Stephan Brakensiek, Kustos der Graphischen Sammlung an der Uni Trier, ausdrückt "ein Shootingstar seiner Zeit", Christian Wilhelm Ernst Dietrich. 1712 in Weimar als Spross eines Hofmalers geboren, galt er als Wunderknabe der Malerei, weil er schon früh seinen Vater an Fertigkeit übertraf. Der schickte ihn deshalb mit zwölf Jahren zur weiteren Ausbildung ins damalige kulturelle Zentrum Dresden.
Geschätztes Talent


´Dort wurde sein Talent so geschätzt, dass er 1731, 19-jährig, von August dem Starken zum Hofmaler und unter dessen Nachfolger August III. 1746 auch zum Inspektor der Dresdner Gemäldegalerie ernannt wurde. Um diese Zeit war er auf dem Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens. Seine als Gemälde oder Druckgrafiken ausgeführten Landschafts- und Genredarstellungen erfreuten sich nicht nur im höfischen Umfeld, sondern bis ins europäischen Ausland großer Beliebtheit.
Der bedeutende Archäologe Johann Joachim Winkelmann schrieb damals: "Es ist der Raphael unserer und aller Zeiten in Landschaften." Umso verwunderlicher mag es erscheinen, dass Dietrichs Name allenfalls noch auf dem Kunstmarkt präsent, in der fachlich-musealen Welt jedoch völlig vergessen ist.
Genau da setzt die Trierer Ausstellung an, erklärt Museumsleiterin Elisabeth Dühr.
Eigene Handschrift


Unter dem Titel "Nahe den Alten Meistern" stellt sie die Frage: "Was ist ein Meisterwerk überhaupt?" oder auch die nach dem Wandel der kunstgeschichtlichen Bewertung. Denn erst ein Kanon von Kunst als aus sich selbst heraus entwickelter Ausdruck machte der Akzeptanz Dietrichs den Garaus, weil er arbeitete, wie es dem Ideal seiner Zeit durchaus entsprach: "Er hat die Alten Meister nachgeahmt, um ihre Meisterschaft zu übertreffen", bringt es Brakensiek auf den Punkt.
Dietrich war ein Hauptvertreter der "Holländermode", maß sich vor allem an Rembrandt, aber auch Jacob van Ruisdal oder Nicolas Poussin.
Die Ausstellung im Vorfeld seines 300. Geburtstags zeigt eindrucksvoll, wie er sich ihrem Stil annähert, ihre Bildfindung zu perfektionieren versucht und dabei dennoch eine eigene Handschrift erkennen lässt. Besonders spannend ist die Gegenüberstellung gleicher oder variierter Motive als Gemälde und Radierungen, weil sie den direkten Vergleich zweier Kunstgattungen erlaubt, ihre erstaunliche Nähe zeigt, aber auch die Frage aufwirft, was zuerst da war. Konzipiert wurde die Ausstellung im Rahmen eines Seminars von Studenten der Universität Trier. Sie zeigt rund 120 Exponate, von denen ein Gemälde in Rembrandt-Manier aus der Ursprungssammlung des Simeonstifts stammt. Den Hauptteil haben die Graphische Sammlung der Uni und große deutsche Museen beigesteuert. Eröffnung: Sonntag 9. Oktober, 11.30 Uhr (bis 26. Februar 2012). Öffnungszeiten: täglich außer montags 10-18 Uhr; Führungen: 11.10., 8.11., 20.12. 24.1. jeweils 20 Uhr, 23.10., 6.11., 20.11., 27.12., jeweils 11.30 Uhr. ae

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