Mensch ... Anton Schlecker

Da haben Sie mir aber einen Schrecken eingejagt. Genauer gesagt nicht Sie, sondern Ihre Tochter Meike, wie sie da vor ein paar Tagen tieftraurig vor der versammelten Presse den schrecklichen Satz aussprach: "Es ist nichts mehr da."

" Kein Cent mehr vom Zwei-Milliarden-Vermögen, kein müder Euro, um sich an der Sanierung oder der Auffanggesellschaft für die Mitarbeiter zu beteiligen. 2011 noch einer der sechzig reichsten Deutschen - und jetzt arm wie eine Kirchenmaus. Sie stünden vor dem "totalen Ruin", verkündete der Insolvenzverwalter. Was für ein tragisches Schicksal. Vor meinem geistigen Auge sah ich schon Horrorbilder: Wie Sie sich, gramgebeugt, bei der Arbeitsagentur in Ehingen zwischen Ihren missgünstigen ehemaligen Mitarbeitern einreihen, in der vergeblichen Hoffnung, noch einen Job in einer Metzgerei zu finden - immerhin haben Sie das ja mal gelernt. Wie man Sie dann weiterschickt zur Gemeindeverwaltung, um bei feixenden Beamten die Altersgrundsicherung zu beantragen, und das Wohngeld für die winzige Mansarde, in der Sie mit Frau und Kindern unterkriechen müssen. Fast hätte ich, von Mitleid übermannt, einen Spendenaufruf gestartet. Den Titel hatte ich schon: "Rettet Herrn Schlecker vor dem Vollstrecker!" Da las ich eine Meldung, die mir einen Riesenstein vom Herzen fallen ließ: Das Existenzminimum konnte man Ihnen denn doch nicht ganz nehmen. Das Privatanwesen, auf dem Sie residieren, gehört - wie das Leben so spielt - Ihrer Frau. Eine florierende Tochterfirma wurde - oh glückliche Fügung - beizeiten Ihren Kindern übertragen. So bleiben Ihrer Familie immerhin ein paar hundert Quadratmeter Wohnfläche und 70 000 Euro zum Leben. Ist doch ein ganz passables Jahreseinkommen. Was sagen Sie? Ach so, das ist pro Monat. Na, um so besser. Ich weiß, wenn man Ihre Einnahmen gewöhnt war, dann muss man schon ziemlich kleine Brötchen backen und lernen, sich einzuschränken, mit gerade mal 840 000 Euro im Jahr. Aber sehen Sie\'s mal so: Von dieser Summe unterhält unser Land immerhin vier ehemalige Bundespräsidenten samt Familien. Klar, das sind aus Ihrer Sicht arme Würstel. Aber sie schaffen es trotzdem, irgendwie mit ihrem Geld auszukommen. Sie werden das auch lernen. Also, auch wenn es eine harte Zeit wird: Kopf hoch! Wir stehen das durch. Dieter Lintz Weitere TV-Kolumnen im Netz auf www.volksfreund.de/kolumne

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