Mensch ... Guido Westerwelle

Trier · Was für ein Abstieg. Vom Strahlemann und Rekordergebnis-Einfahrer zum politischen Sozialfall der Nation.

"Am Ziel der Träume" hieß die Schlagzeile zu Ihrem Wahlsieg vor zwei Jahren. Es war wohl eher das Ziel der Albträume. So ratzfatz wurde noch keiner nach unten durchgereicht. Dabei haben Sie noch Glück: Wäre die FDP ein Unternehmen, müssten Sie jetzt Arbeitslosengeld beantragen. Wegen permanenter Minderleistung entlassen. Und weil Sie im Dezember auch schon 50 werden, würde Sie niemand mehr nehmen. Da wäre es immerhin der blanke Dusel für Sie, dass die FDP noch nicht die Forderung durchgesetzt hat, ältere Arbeitnehmer schon nach einem Jahr auf Hartz IV zu setzen. Sonst könnten Sie sich spätestens nächsten Sommer bei Ihrer Arge in der Schlange der Hartzer anstellen. Aber das war auch einfach ein bisschen dicke mit Ihnen in letzter Zeit. Ich meine nicht einmal Ihre Weigerung, beim Libyen-Feldzug mitzuziehen. Da hätten Sie genau so viel Prügel bezogen, wenn Sie umgekehrt agiert hätten - vielleicht sogar von den gleichen Leuten. Aber im Nachhinein so zu tun, als hätte der tapfere, ebenso waffen- wie selbstlose Boykott-Einsatz der wackeren Deutschen den Diktator Gaddafi förmlich aus dem Amt gefegt, das war so grotesk, dass es schon wieder einen gewissen Unterhaltungswert hatte. Seit den militärischen Abenteuern des Barons Münchhausen im Türkenkrieg anno 1739 hat sich niemand schamloser die Realität zurechtgebogen. Was mögen die Nato-Partner dabei gedacht haben, die sich in den vergangenen Wochen nach Ihrer Lesart bequem darauf beschränkt hatten, ein bisschen militärischen Flankenschutz für die große deutsche Schreibtisch-Offensive zu leisten. Da wird es scheinbar selbst Ihren Parteifreunden zu bunt. Ihr Chef Philipp Rösler hat Sie zum Minister auf Bewährung ernannt - wohl nur noch eine Frage der Zeit, wann Sie mit Fußfesseln zum Dienst müssen. Und das alte rheinland-pfälzische FDP-Fossil Arthur Bauckhage hat den politischen Blattschuss gesetzt: Sie, Herr Westerwelle, hätten die ganze FDP zu einer unsympathischen Partei gemacht. Das haben nicht mal Franz-Josef Strauß mit der CSU oder Herbert Wehner mit der SPD geschafft - trotz engagierter Bemühungen. Eine Leistung für die Geschichtsbücher. Dieter Lintz

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