Mensch ...

Ich kann ja verstehen, dass die Amerikaner Sie nicht mehr als CIA-Boss haben wollten. Ein Geheimdienst-Chef, der es nicht einmal schafft, einen popeligen Seitensprung geheimzuhalten - der ist wohl nicht mehr abschreckend genug für potenzielle Feinde des wunderbaren American way of life.

Nur die Begründung hab ich nicht kapiert. Sie seien durch Ihren Fauxpas erpressbar, hieß es. Wieso eigentlich? Ist es in den USA neuerdings eine Straftat, wenn man sich außerehelich vergnügt? Bei uns in Germany kann man in vergleichbaren Fällen sogar bayerischer Ministerpräsident werden, und Bayern ist bestimmt nicht weniger spießig als Texas oder Alabama. Und die Chose geht weiter: Jetzt kippt wohl der nächste General über Ihre "Affäre". Ihr Nachfolger als US-Kommandeur in Afghanistan soll "unangemessene Korrespondenz" mit einer Bekannten von Ihnen geführt haben, das FBI untersucht derzeit 30 000 Mail-Seiten. In Worten: dreißigtausend! Scheint ein ziemlich lockerer Einsatz als Isaf-Chef zu sein, wenn man tagelang mit jungen Damen herumchatten kann. Das US-Fernsehen dürfte schnell das Potenzial für eine Serie über die spätimperiale Dekadenz hoher Militärkreise erkennen. Die könnte statt "Dallas" oder "Denver", dann "Pentagon" heißen. Bill Clinton soll als künstlerischer Berater schon angefragt worden sein. Falls er nicht anbeißt: Wir hätten da noch einen erfahrenen Altkanzler anzubieten, der ist bei Beraterverträgen nicht wählerisch. Wer weiß: Am Ende stürzt noch die ganze amerikanische Militärspitze, nur weil sie ihre Flak zu oft auf Nebenkriegsschauplätzen abgefeuert hat. Die eigenwillige Moral Ihrer Landsleute, Mr. Petraeus, ist manchmal schwer zu verstehen. Da ziehen ihre Soldaten durch die Lande, kümmern sich einen ziemlich feuchten Kehricht um Menschen- und Völkerrecht, foltern fröhlich vor sich hin, gedeckt von Generälen und Politikern, die notfalls schon mal einen Kriegsgrund erfinden - und statt Gefängnis gibt\'s für die Verantwortlichen schicke Orden und dicke Posten. Aber wer mit der oder dem Falschen Liebe macht, fliegt raus. Oder, wie John Lennon gesagt hätte: Make war, not love. Oder so ähnlich. Dieter Lintz Weitere TV-Kolumnen auf www.volksfreund.de/kolumne

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