Mensch... Königin Elizabeth von England!

Oder soll ich Eure Majestät lieber mit Quiien Elissabess titulieren, wie die lispeligen Moderatorinnen am Sonntag bei der stundenlangen Live-Übertragung von Ihro verregneter Schiffsparade auf der Themse? Erst mal Chapeau für Ihre Kondition. Mit 86 Jahren so locker den ganzen Tag in kerzengeradem Stand dem Volk an den Ufern zuzuwinken: Daran würde so mancher demokratisch gewählte Würdenträger hierzulande kläglich scheitern.

Die schaffen ja oft nicht mal den aufrechten Gang. Obwohl von ihnen nicht verlangt wird, mit Hüten herumzulaufen, die so aussehen, als wären sie von aufspritzendem Matsch gesprenkelt.

Und trotzdem, auch wenn ich mir damit alle Chancen auf den Hosenband-Orden verderbe: Ich als alter Nicht-Royalist rätsele immer mal wieder, wie es möglich ist, durch sein pures Dasein derart die Zuneigung seines Volkes zu erobern. Denn, sind wir mal ehrlich, Ma'am: So richtig was Wesentliches getan haben Sie eigentlich noch nie.

Nicht die Demokratie gerettet, wie Ihr Kollege, der Elefantenjäger aus Spanien. Nicht Kultur und Schlossbau gefördert wie einst Kini Ludwig in Bayern. Nicht die Umwelt geschützt wie Albert, der bobfahrende Monegasse.

Selbst wohlwollende Biografen erinnern sich an keine bedeutende Rede, die Sie je gehalten hätten, keine epochale Idee, die von Ihnen ausgegangen wäre. Nein, Sie waren sechzig Jahre immer nur ungerührt vorhanden. Was auch passierte. Ob Prinzgemahl Philipp von einem Fettnäpfchen ins nächste hüpfte. Ob Prinzessin Anne mit Mark Philipps die muntere Reitersfrau gab. Ob Söhnchen Randy Andy die rothaarige Fergie in den Buckingham Palace schleppte. Ob Kronprinz Charles nächtens zu Camilla schlich.

Egal: Your Majesty haben einfach alles und alle ausgesessen. Augen zu und durch. Gegen Sie war unser Helmut Kohl geradezu hyperaktiv. Sich von nichts irremachen lassen, die Weltläufe notfalls einfach ignorieren, alle Trends und Moden verschmähen: Das lieben Ihre Fans an Ihnen. Dafür werden Sie von Millionen bejubelt. Jedenfalls heute.

Als Sie vor 15 Jahren beim Tod Ihrer Ex-Schwiegertochter Ihre gewohnte Taktik "Nichts hören, nichts sehen, nichts kommentieren" praktizierten, waren es freilich dieselben Leute, die ihre Faust gegen Sie erhoben und das Ende der moralisch verkommenen Monarchie forderten. Ja, so ist das Volk: wetterwendisch wie der Himmel über der Themse. Aber beruhigend zu sehen, dass man nur alt genug werden muss, um am Ende doch everybody's darling zu sein.

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