Mensch… Michael Ballack!

Tut mir wirklich leid für Sie, das mit dieser blöden Verletzung. Aber sehen Sie es mal von der anderen Seite: Wann hätten Sie jemals im Leben einen persönlichen ARD-Brennpunkt gleich nach der Tagesschau erhalten, wenn dieses Pferd von Boateng Sie nicht getreten hätte?



Am gleichen Premiumsendeplatz, wo gestern noch der aus Griechenland drohende EU-Untergang und vorgestern die flugverkehrssprengende isländische Vulkanasche thematisiert wurden, ging es plötzlich um den wirklichen Ernst des Lebens. Die Reporterstatements waren mindestens so geschwollen wie Ihr Fuß, eine ganze Nation taumelte im Knöchel-Trauma, Experten hatten Mühe, die Fassung zu bewahren. Und für die Volksbildung haben Sie gleich in einem Aufwasch auch noch was getan: Selbst Kinder, die ansonsten beim Diktat das menschliche Gehwerkzeug mit "Fuhs" zu bezeichnen pflegen, buchstabieren plötzlich fehlerfrei den Begriff "Syndesmoseband".

Es ist aber auch wirklich eine nationale Katastrophe: Wer soll jetzt, da Sie nicht antreten können, im deutschen Mittelfeld die Bälle wie gewohnt quer oder zurück spielen, bis der Gegner eingenickt ist? Den Schweinsteiger haben sie bei Bayern ja gerade darauf eingestellt, dass man Bälle auch schnell nach vorne passen kann. Aber wenn der das in der Nationalelf macht, wird ja allen Mitspielern schwindelig, weil die sowas gar nicht kennen.

Na ja, ein Gutes hat die Sache: Wenn die Mission Südafrika schiefgeht, haben wir wenigstens jetzt schon einen Schuldigen. Musste denn dieser Kevin Prince Boateng so reintreten? Das darf höchstens Mark van Bommel, und auch der nicht mehr als zwanzig Mal pro Saison. Wo kommen wir denn hin, wenn jeder dahergelaufene Halbghanaer unseren Capitano umnagelt?

Aber die Bild-Zeitung überlegt sich sicher schon eine angemessene Strafaktion. Mein Vorschlag: Boateng wird für die nächsten drei Jahre in die Fußballprovinz strafversetzt. Er darf sich aussuchen, ob nach Island oder Griechenland.

Dieter Lintz

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