Mensch... Mr. Ecclestone!

Ich dachte ja immer, es sei ein böswilliges Vorurteil, dass Menschen, die sich das ganze Leben mit im Kreis fahrenden Autos beschäftigen, irgendwann einen intellektuellen Motorschaden davontragen.Aber Ihre jüngsten Äußerungen über das lobenswerte Führungstalent von Adolf Hitler lassen die Frage aufkommen, ob bei Ihnen nicht dringend der Einbau einer geistigen Traktionskontrolle nötig wäre.

Das kennen Sie doch, das ist dieses System, das dafür sorgt, dass Räder beim allzu heftigen Druck aufs Gaspedal nicht durchdrehen. Vielleicht hilft es ja auch bei Menschen.

Nicht dass ich die Geschichte vom armen Adolf, der eigentlich nur das Beste wollte und dann irgendwie durch falsche Berater versehentlich auf dumme Ideen kam, bei Ihnen zum ersten Mal gehört hätte.

Als ich noch ein rebellischer Teenager war, lief eine Menge Leute in Deutschland herum, die Ähnliches erzählten. Dass er das mit den Autobahnen so toll hingekriegt habe, dass die Straßen sauber waren, und dass jede Oma sich auch des Nachts in den Park trauen konnte. Nur diese Betriebsunfälle mit den sechs Millionen toten Juden und den zerbombten Städten in halb Europa seien halt etwas dumm gelaufen.

Bei uns sind diese Märchenerzähler inzwischen weitgehend ausgestorben. Komisch, dass sich ausgerechnet ein Engländer berufen fühlt, dieses Erbe anzutreten und das Loblied des mächtigen Führertums zu singen. Da hilft es auch nix, die Sache nachher als Missverständnis zu deklarieren. Sie haben nur gesagt, was Sie auch gemeint haben: Dass Diktatoren viele Vorteile gegenüber diesem lästigen Demokratie-Gedöns haben.

Ich hätte da noch ein paar schöne Beispiele für Sie. Stalin etwa hat unermesslich viel für die Infrastruktur in Sibirien getan, als er die Transportwege für seine Gulags anlegen ließ. Ohne Kaiser Nero wäre Rom nie generalsaniert worden. Und Osama Bin Laden verdanken wir bahnbrechende neue Erkenntnisse über Gebäude-Architektur.

Vielleicht, Mr. Ecclestone, sollten Sie es mit einem Tankstopp in der Geschichts-Grundschule versuchen. Lassen Sie sich Zeit, es gibt einiges nachzufüllen.

Dieter Lintz

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