Mensch... Uli Hoeneß!

Oder muss ich jetzt "Ulrich H." zu Ihnen sagen, wie es das OLG München in seiner Presseerklärung tut? Dieser Formalismus der Richter wirkt angesichts Ihres Bekanntheitsgrades zwar irgendwie skurril, aber er soll wohl demonstrativ ausdrücken, dass der Angeklagte H. ohne Ansehen der Person behandelt wird wie jeder andere mutmaßliche Straftäter auch.

Das hätte mancher den bayerischen Amigos gar nicht zugetraut. Es ist also schon mal gut für den Rechtsstaat, dass da kein fauler Deal außerhalb der Justiz ausgehandelt worden ist. Für Sie ist das natürlich weniger gut, weil da jetzt ein ziemlich unerquicklicher Prozess auf Sie zukommt.

Aber trösten Sie sich: Das geht dem Rentner-Ehepaar, das seine in Luxemburg deponierten Ersparnisse abgehoben hat und danach auf der Autobahn bei Igel in eine Fahndung geraten ist, auch nicht besser. Wobei die Rentner keinen Franz Beckenbauer haben, der als Gottvater der Fußballszene schon mal vorsorglich die Absolution erteilt: Man dürfe, sagte der Libero, "niemanden verurteilen, der mal einen Fehler gemacht hat".

Dass sich der Kaiser ähnlich vehement für die Berliner Verkäuferin eingesetzt hat, die wegen eines eingelösten fremden Pfandbons für 1,30 Euro rausgeschmissen wurde, ist bislang nicht bekannt. Aber der große Franz steigt wahrscheinlich erst ab Betrugsbeträgen im siebenstelligen Bereich von seiner Wolke. Bei Ihnen, lieber Herr Hoeneß, ist von beruflichen Konsequenzen keine Rede.

An der Unschuldsvermutung kann es eigentlich nicht liegen. Denn dass Sie das Finanzamt und damit uns alle um ein paar Millionen geprellt haben, wird ja von Ihnen gar nicht bestritten. Es geht nur um die Frage, ob Sie es so rechtzeitig gestanden haben, dass der Staat von einer Strafe absieht - was die Tat aber keineswegs ungeschehen macht. Jedenfalls nicht moralisch. Aber das scheint bei Ihrem Verein keinen zu interessieren.

Vielleicht sind den Herren Aufsichtsräten Beträge von 3,2 Millionen Euro ja in etwa so alltäglich wie unsereinem der Pfandbon. Und wer so viel Geld hat, dass er nebenbei ein Zockerkonto unterhält, bei dem derartige Gewinne abfallen, dass schon der dafür fällige Steuerbetrag bei ein paar Mios liegt, der verliert schnell den Überblick in Geldangelegenheiten.

Wie dem auch sei: Wenn das Gericht zu dem Schluss kommt, Sie hätten sich rechtzeitig angezeigt, dann soll es Sie nach Hause schicken. Aber wenn nicht, dann bitte das gleiche Verfahren wie bei jedem Betrug in dieser Dimension: ab nach Stadelheim. Dieter Lintz

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