Mit dem Sofa über die Gleise

AUW AN DER KYLL. In dem Eifeldorf ist die Umnutzung des Bahnhofsgebäudes gelungen. Seit elf Jahren wohnt dort eine Familie – ein liebenswertes Projekt. Leider kein Modell für andere Empfangsbäude.

 Freundliche Idylle. Eingang zum Bahnhof Auw an der Kyll, der jetzt ein Wohnhaus. Foto: Martin Möller

Freundliche Idylle. Eingang zum Bahnhof Auw an der Kyll, der jetzt ein Wohnhaus. Foto: Martin Möller

Der Weg zum Domizil der Familie Driesen im ehemaligen Bahnhofsgebäude Auw, direkt an der Kyll, ist schmal und steinig. Direkt an der Eifelstrecke Köln-Trier hat der Düsseldorfer Personalberater mit Frau und Tochter ein neues Zuhause gefunden. Die Bahn hatte das Gebäude schon 1982 an einen Privatmann verkauft. 1994 erwarb Rolf Driesen das ziemlich herunter gekommene Bauwerk und machte sich mit seiner Familie, mit Freunden und professionellen Unternehmen an die Renovierung. Die äußeren Umstände waren alles andere als günstig. "Wir mussten das Sofa über die Bahngleise tragen", sagt Driesen heute. Auw gehört zu den Empfangsgebäuden an der Eifelstrecke, die zwar nach einem architektonischen Prinzip entstanden, aber doch völlig individuell an Lage und Bedarf angepasst wurden. Wobei ungeklärt ist, warum das Haus zwischen Bahngleisen und Kyll errichtet wurde und nicht etwa auf der Ortsseite. So mussten Reisende die Gleise überqueren, bevor sie zum Bahnhof kamen. "Die Bahnhöfe an der Eifelstrecke wurden abwechselnd auf der rechten und auf der linken Seite gebaut", sagt Rolf Driesen, ohne den Grund dieses Verfahrens erklären zu können. Das Gebäude gehört zu den kleinsten Bahnöfen an der Eifelstrecke und strahlt dennoch immer noch Würde und Repräsentationskraft aus. Ein zusätzlicher Giebel an der Front öffnet das eineinhalb-geschossige Bauwerk gleichsam zum Gleiskörper hin. Selbstverständlich ist das Material roter Sandstein. Außen hat Rolf Driesen nichts verändert, innen dafür um so mehr.Eingangshalle wird Bibliothek

Die Eingangshalle hat der Bücherfreund zur großzügigen Bibliothek umgebaut. Links im Raum ist das Schalterfenster geblieben. So bleibt die Erinnerung an die ursprüngliche Funktion erhalten. Und dahinter, im ehemaligen Schalter- und Stellwerkraum, haben die neuen Besitzer eine heimelig-komfortable Wohnküche eingerichtet. Rechts, im ehemaligen Wartesaal, befindet sich ein Wohnzimmer. Im Obergeschoss, wo früher die Eisenbahner wohnten, haben die Driesens Schlaf- und weitere Wohnräume eingerichtet - ein herrlich verwinkeltes Zuhause, ein Paradies zum Wohlfühlen und sicher auch für Ideen, die in nüchterner Umgebung ausbleiben würden. Und das Nebengebäude hat er zu einem originellen Apartment umgebaut. Das Haus ist solide. Die dicken Wände schirmen den Lärm perfekt ab. Die Züge fahren zwar fast durchs Wohnzimmer, stören aber überhaupt nicht, so gering sind die Phonstärken, die drinnen ankommen. Die Driesens haben ihr ideales Domizil gefunden. Übertragbar ist dieses Konzept allerdings kaum. Auw ist nur ein kleiner Bahnhof. Größere Empfangsgebäude kommen für einen Umbau zum Familienheim nicht in Frage.

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