Kultur Mit Marx über Brücken gehen

Trier · Letzter Teil der TV-Serie „Wir sind Marx“: Über Michael Marx, seine Lieblingsstadt, gerührte Rumänen und eine extrem lebendige, totgesagte Schule.

 Michael Marx mit seiner Frau Eva und seinen Töchtern Katharina und Helena. Die Vorfahren der Familie waren Mosel­fischer.

Michael Marx mit seiner Frau Eva und seinen Töchtern Katharina und Helena. Die Vorfahren der Familie waren Mosel­fischer.

Foto: TV/Claus Bach

Karl Marx spaltet die Geister. Und doch wird er Zig-, womöglich Hunderttausende vereinen, wenn anlässlich seines 200. Geburtstags Besucher vieler unterschiedlicher Nationen nach Trier kommen. „Wir können dann gute Gastgeber sein. Jeder, der hier lebt, kann stolz darauf sein, dass wir so eine tolle Stadt haben“, sagt Michael Marx, der selbst gerne dazu beiträgt, Menschen zusammenzubringen. Doch dazu später mehr.

Der Weg zum Konrektor der Kurfürst-Balduin-Realschule plus in Trier-West führt vorbei an grauen Mietskasernen, durch Flure lachender Kinder hin zu einer bunt beschriebenen Wand, die Schüler und Gäste in zig verschiedenen Sprachen willkommen heißt. An der Türe zu seinem Büro hängen drei Bilder mit Ortsschildern, die einen dreierlei lehren: Dieser Mann liebt Trier. Es sei „schöner als wie alles andere“ steht da. Er heißt Marx.

Und: Konrektoren sind heute irgendwie anders als früher. Auf einem Foto steht der 45-Jährige in kurzer Hose strahlend unter dem Ortsschild des ostfriesischen Dorfs Marx und reckt den rechten Daumen in die Höhe. Auf dem anderen Foto sieht man hinter dem Ortsschild düstere Wolken. Je nachdem, welches Bild mit einer Wäscheklammer markiert ist, dürfen Besucher einfach hineinschneien – was meist der Fall sei – oder sollten es lieber lassen.

Seit mehr als zehn Jahren ist Marx wie er sagt „mit Leib und Seele“ an dieser Schule, die in einem der Problemviertel Triers steht. Allerdings kommen die Kinder inzwischen nicht mehr nur aus Trier-West, sondern aus 17 verschiedenen Grundschulen der Stadt. Die frühere Hauptschule habe 180 Schüler gehabt, die Realschule plus, die nach 2009 in einer jahrelangen Achterbahnfahrt hart dafür kämpfen musste, nicht geschlossen zu werden, habe nun 340 Schüler. „Eine unglaubliche Entwicklung“, sagt Marx, der fest davon überzeugt ist, dass die Schule ein Leuchtsignal für den ganzen Stadtteil aussendet, der sich – so seine Prognose – in den kommenden Jahren positiv entwickeln und ganz neu durchmischen wird.

Marx liebt seine Arbeit, denn: „Man hat jeden Tag das Gefühl, Kinder ein bisschen in die richtige Richtung zu schieben.“ Selbst nach dem Unterricht. Mit Musik und Sport, die beide seit mehr als drei Jahrzehnten Hobbys des Basketballschiedsrichters und Männerchor-Sängers sind. So ist seine Schule Teil des erfolgreichen Projekts „Chor über Brücken“. Ein Chor, der Kinder aus Trier-Ost mit Kindern in Trier-West zusammenbrachte. 2017 begeisterte er bei einem gemeinsamen Konzert mit Rolf Zuckowsky 3500 Menschen in der Trierer Arena. Und auch Michael Marx sang mit.

Brücken schlägt die Schule nicht nur über die Mosel, sondern auch in andere Länder: So war der Konrektor mit Schülern in Istanbul und eine andere Gruppe in Rumänien. „Wir haben uns entschieden, auf niedrigster politischer Ebene Freundschaft zu pflegen“, sagt er und schwärmt von der Gastfreundschaft der Türken. Und von der Ergriffenheit der Rumänen, als diese herausfanden, dass Trier nicht nur Karl Marx zu bieten hat (was sie längst wussten), sondern auch ein Apostelgrab. Geweint hätten sie. Der Aufenthalt in Trier habe sie so begeistert, dass sie ihre Meinung über Deutschland „total geändert“ hätten.

„Es lohnt sich immer, den Menschen zu sehen, egal, wo er lebt, egal, welche Religion er hat“, sagt der gläubige Katholik. Und deshalb glaubt Michael Marx auch, dass der 200. Geburtstag seines Namensvetters eine große Chance für sein Trier ist. Die Chance, ein guter Gastgeber zu sein und Brücken zu bauen.

In der Serie „Wir sind Marx“ porträtiert der TV anlässlich des Karl-Marx-Jahres Menschen aus Trier und Umgebung, die Marx heißen. Claus Bach, Fotograf und Künstler aus Weimar und Dozent an der Europäischen Kunstakademie, hat die Namensvetter des Philosophen in ihrer Lebensumgebung abgelichtet. Die Bilder sind bis Oktober als Open-Air-Ausstellung zwischen Wohn- und Geburtshaus von Karl Marx in den Straßen der Stadt sowie in der Trier Galerie zu sehen. Ein Projekt der Karl-Marx-Ausstellungsgesellschaft und der Kunstakademie in Kooperation mit dem Trierischen Volksfreund.

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