Mit Max Goldt auf Reisen
Trier · Der unter anderem als Kolumnist des Titanic-Magazins bekannte Schriftsteller Max Goldt hat in der Tufa Trier aus seinem neuen Buch "Die Chefin verzichtet..." gelesen. Dabei bot er seinen 180 Zuhörern beste Unterhaltung.
Trier. Max Goldt zuzuhören, ist, wie eine Reise mit unbekanntem Weg und Ziel anzutreten. Nie sind die Wendungen seiner Texte vorauszuahnen, nie die thematischen Stationen, an denen sie verweilen, nie die Relevanz ihrer Fragen oder Schlussfolgerungen. Nur das Transportmittel ist verlässlich: Es ist Sprache voller Eleganz und Klarheit, deren Ästhetik Goldts ruhiger, deutlich artikulierender und, wo nötig, kraftvoll betonender Vortrag bestens unterstreicht.
So ist es Abenteuer und Genuss zugleich, unter dem Titel "Am Strand der Birnenwechsler" einem Bogen vom Innenleben deutscher S-Bahnen zu einer Warnemünder Broilerbar und Jugendstreichen von 1971 bis zum Dialog eines Strandurlauber-Paars zu folgen. In scheinbar Belanglosem verdichtet sich genau beobachtete alltägliche Hässlichkeit, doch Goldt überspitzt so, dass darüber gelacht werden kann. Raffiniert, dass er das an unerwarteter Stelle tut. Nicht etwa der fremdenfeindliche Urlauberdialog, sondern die Weste des Urlaubers als Spießer-Charakteristikum rückt in den Vordergrund. Und die zieht er dann ins Lächerliche, in der genüsslich ausgebreiteten Fantasie, die vielen Taschen des Bekleidungsstücks seien für Leute gedacht, die häufig unterschiedliche Glühbirnen wechseln müssten.
Mit originellen Kunstgriffen wie diesen und überraschenden Pointen sind auch die anderen Beiträge des Abends gewürzt. Goldt liest unter anderem Antworten auf in Talkshows nie gestellte Interviewfragen, eine "Sexualgroteske", ein rhythmisches "Radieschen-Gedicht", natürlich aber auch das Titelstück seines neuen Buches vor. Dem von anderen Zeitgenossen leidenschaftlich ausgetragenen Kampf um Geschlechtergerechtigkeit widmet er sich darin wohltuend unaufgeregt. Da kommen Sätze wie: "Zum Benachteiligen gehören immer zwei", "das Zauberwort heute heißt Interesse" oder "nichts ist so gerecht wie der Charme". Auch das ist ein Pluspunkt bei Goldt: Er bietet Sichtweisen an, zwingt sie aber nicht auf. Dafür gibt es viel Applaus. ae