Mit Musik die Welt verändern

Trier · Einen literarisch-musikalischen Abend unter dem Titel "Na und? Wir leben noch" hat die Sängerin Katja Ebstein in der Tufa Trier präsentiert. Im Programm aus scharfzüngigen Texten, Liedern und Chansons trat sie als engagierte Kämpferin gegen gesellschaftliche Missstände auf.

Trier. Riesenansturm in der Tufa zum Auftritt von Katja Ebstein, die 250 Plätze im großen Saal sind ausverkauft. Kein Wunder, die Sängerin hat inzwischen 47 Jahre auf bundesdeutschen Bühnen verbracht und ist mit Evergreens wie "Wunder gibt es immer wieder" unauslöschlich im kollektiven Gedächtnis verankert. Bekannt und mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet ist sie aber auch für ihr gesellschaftliches Engagement. Sie hat Vereine und Stiftungen ins Leben gerufen, beispielsweise um Kinderarmut zu bekämpfen. Diese Seite des kritischen, politischen und mitgestaltenden Menschen stellt sie massiv in den Vordergrund ihres Auftritts in der Tufa.
Nach dem von Hanns Dieter Hüsch geschriebenen Lied "Ich sing für die Verrückten" steht die erste Hälfte des Abends im Zeichen von Fragen: "Sind wir noch zu retten?", "Hängen wir am Wohlstandstropf?" oder "Was würde passieren, wenn Jesus heute noch einmal auf diese Welt käme?" Düstere Antworten geben Gedichtrezitationen oder Chansons, beispielsweise von Georg Kreisler oder Robert Long. Dazwischen redet sich Ebstein mit Appellen an ihr Publikum in Fahrt. Man solle mindestens das Wahlrecht nutzen, sich aber auch auf Fantasie und zivilen Ungehorsam besinnen, um an dieser schlechten Welt noch etwas zu wenden. Zwar ist die Feststellung einer Besucherin: "Sie hat sich gar nicht verändert", eher auf das Äußere der immer noch rote lange Haare tragenden Künstlerin gemünzt. Doch es trifft auch auf ihre Überzeugungen zu, die ganz deutlich von ihrer Vergangenheit im studentenbewegten Berlin geprägt sind. Die Berliner Wurzeln schlagen auch künstlerisch durch. Gerne mimt die Sängerin mit etwas krächziger, rotziger Stimme die Berliner Göre, gerade wenn es darum geht, satirisch zu überspitzen. Viele finden es hinreißend, doch einige überzeugt diese aufgesetzt naive Art des Ausdrucks an der 67-Jährigen nicht.
Ungeteilter fällt das Echo auf warm Intoniertes, wie das Chanson nach dem Gedicht "Kein Kinderlied" der Jüdin Mascha Kaléko aus. Es ist Teil der zweiten Konzerthälfte, die sich mit Texten von Heinrich Heine oder Liedern von Friedrich Hollaender und Bert Brecht ums Thema Liebe dreht. Dennoch, oder gerade weil sie keine Heile-Welt-Illusionen nährt, zollt das Publikum Katja Ebstein großen Respekt. Sehr viel Applaus gilt auch ihrem famosen Begleiter am Piano, Stefan Kling. ae

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