Mit roter Posaune und sanftem Swing - Nils Landgren und seine All Stars erweisen Leonard Bernstein ihre Reverenz

Trier · Mit Jazz-Arrangements von Titeln des Komponisten Leonard Bernstein hat Nils Landgren am Samstag die Reihe Porta3 fortgesetzt. 600 Besucher verbrachten einen kurzen, kurzweiligen und vor allem trockenen Abend.

Mit roter Posaune und sanftem Swing - Nils Landgren und seine All Stars erweisen Leonard Bernstein ihre Reverenz
Foto: Friedemann Vetter

74 Minuten Musik passen auf eine CD - gerade genug, um Beethovens "Neunte" unterzubringen. Und gerade einmal 74 Minuten dauert auch der offizielle Teil des Konzerts von Jazz-Posaunist Nils Landgren am Samstagabend vor der Porta Nigra. Zu hören gibt es dabei praktisch genau das, was sich auch auf Landgrens aktueller CD "Some Other Time" findet - einer Hommage an Leonard Bernstein (1918-1990), der für den Mann mit der roten Posaune "einer der größten Komponisten unserer Zeit" war.

Allerdings: Bis auf den Bassisten Dieter Ilg und natürlich Landgren selbst spielen auf der Bühne nicht die gleichen Musiker wie im Studio. Sebastian Studnitzky (Klavier) und Rasmus Kihlberg (Schlagzeug) komplettieren die Nils Landgren All Stars, statt der Bochumer Symphoniker nehmen die Mitglieder der Neuen Philharmonie Frankfurt auf den Stühlen Platz, und als Sängerin ist nicht Janis Siegel von Manhattan Transfer mit dabei, sondern Viktoria Tolstoy - eine Ur-Ur-Enkelin des russischen Schriftstellers Leo Tolstoi.

Bevor es losgehen kann, macht Landgren erst noch ein "Selfie" mit den 600 Konzertbesuchern, dann gibt es Kostproben aus "West Side Story" ("Maria"), "On The Town" ("Lucky To Be Me") oder "Mass" ("Some Other Time"), mal nur mit Jazz-Quartett, mal mit dem ganzen Orchester, mal mit Gesang, mal rein instrumental.

Die Arrangements dazu hat Vince Mendoza geschrieben, der auch schon für Björk oder Robbie Williams gearbeitet hat. Alles wirkt sehr sanft und gefällig, gut hörbar auch für nicht besonders jazz-affine Musikliebhaber. Während Viktoria Tolstoy mit warmer, gefühlvoller Stimme den Titeln Leben einhaucht, wirkt Landgrens Stimme dagegen fast brüchig. Mit seiner Posaune "singt" er dank brillanter Technik wesentlich ausdrucksstärker.

Als Zugabe folgt dann noch "Same Old Story" - nicht von Bernstein, sondern von Joe Sample (1939-2014), mit dem Landgren 2005 eine gemeinsame CD aufgenommen hatte. Da swingt es dann so richtig, das Publikum steht auf und klatscht mit.

Jetzt könnte es noch eine ganze Weile so weitergehen, doch bei einer schwedischen Melodie nimmt Landgren anschließend schon seine Posaune nach und nach auseinander, spielt nur noch auf dem Mundstück und erzeugt die Töne schließlich ganz ohne Instrument, bevor er sich unter dem Applaus der Gäste verabschiedet. daj

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