Mittelfinger für den Mainstream

Zurück in die Zukunft: Die neu belebte, legendäre Progressive-Rockband Van der Graaf Generator um Frontmann Peter Hammill hat in Limbourg 30 Jahre alte Stücke in hellem Glanz strahlen lassen.

Limbourg/Ost-Belgien. Der Anblick im Kursaal ist überraschend: In der ersten Reihe stehen zwei Teenager, vielleicht so 14 und 16 Jahre alt. Der Schriftzug "Van der Graaf Generator" knallt orange von ihren Shirts. Zwei Jungs zwischen nicht mehr ganz so jungen Männern und (weniger) Frauen. Zwischen Halbglatzenträgern und nickelbebrillten Erdkunde-Lehrern. 700 Leute sind da. Eingeweihte. Sie feiern das Trio nach dem zweistündigen Konzert frenetisch. Der Musikgeschmack verbindet. Das Ja zur Nische. Zu einer Band, die sich 1978 aufgelöst hatte und nun wieder fast in Originalbesetzung da ist. Mit Frontmann Peter Hammill, Organist Hugh Banton, Schlagzeuger Guy Evans. Nur Saxofonist David Jackson fehlt. Bei allem Reunions-Unsinn: Dafür, dass VdGG wieder da sind, mag man sich nach diesem Konzert fast persönlich bedanken.Hammill, mittlerweile 58 Jahre alt, ist der kreative Kopf. Der Sänger, Gitarrist und Keyboarder steht im langen, weißen Hemd auf der Bühne: Ausgeglichen während der Ansagen. Düster, manisch, fast außer sich während der Songs. Gegen seine existenzialistische Lyrik lesen sich Texte von Gottfried Benn oder Kurt Cobain fast wie ein Ausbund an Fröhlichkeit. Nebenbei-Gedudel-Radiosender würde das Grauen packen. Kein Lied, das kürzer ist als sechs Minuten. Komplizierter Rock, Jazz-Einflüsse, dazu fast punkige Ausbrüche. Wenn selten mal eine zuckersüße Melodie erklingt, wird sie in der Folge von heftigsten Dissonanzen gemeuchelt. Es ist der gestreckte Mittelfinger gegen den Mainstream. Schmerzhaft, schwierig, wunderschön, trotz der viel zu seltenen sonnigen Momente im Leben. Aber das Leben ist ja auch kein Bryan-Adams-Lied. Ist auch gut so.