Interview „Schon jetzt gehen im Sommer einige Klimaanlagen in die Knie“

Was bedeuten die Pandemie, die Flutkatastrophe und die Klimakrise für die Museen? Ein Gespräch mit Elisabeth Dühr, Chefin des Trierer Museums Simeonstift, und Vorstandsvorsitzende des Museumsverbands Rheinland-Pfalz.

Elisabeth Dühr, Vorstandsvorsitzende des rheinland-pfälzischen Museumsverbands.

Elisabeth Dühr, Vorstandsvorsitzende des rheinland-pfälzischen Museumsverbands.

Foto: privat

In den Museen geht es nicht nur darum, ob Besucher wegen der Corona-Pandemie vielleicht die nächste große (Landes-)Ausstellung besuchen dürfen. Sie prüfen außerdem nach der Katastrophe in Ahrweiler, wie sicher ihre Magazine sind, sagt Elisabeth Dühr, Vorstandsvorsitzende des Museumsverbands Rheinland-Pfalz und Trierer Chefin des Stadtmuseums Simoenstift – und sie müssen sich der Klimakrise, steigenden Kosten und ökologischen Standards stellen.

Wirft die Corona-Pandemie bei den Museumschefs im Land grundsätzliche Fragen auf?

ELISABETH DÜHR Bei den Vorstandssitzungen des Museumsverbands Rheinland-Pfalz wurde mehrfach darüber debattiert, wie künftig das Verhältnis zwischen analoger und digitaler Präsenz sein wird. Während der Lockdowns haben die Museen sehr viele digitale Formate entwickelt. Man konnte dadurch den Besucherkreis über die eigentliche Region hinaus erweitern. Werden wir einen Teil der Veranstaltungen dauerhaft hybrid anbieten müssen? Diese Frage treibt viele Museumsleiter um, weil es um Ressourcen geht. Während des Lockdowns konnten die Mitarbeiter auch an digitalen Formaten arbeiten. Aber wo kommen die Kapazitäten her, um gleichzeitig eine analoge und digitale Präsenz zu ermöglichen?

Wird auch über die Ausstellungspolitik nachgedacht?

DÜHR Die Ausstellungspolitik muss schon wegen der extremen Kostensteigerungen überdacht werden. Das betrifft Transporte von Leihgaben oder den Bau von Ausstellungsarchitektur. Die Museen sind den Preissteigerungen am Baumarkt genauso ausgeliefert wie jeder private Bauherr. Aber wir müssen zudem auch darauf achten, wie wir klimafreundlicher werden können, welche Materialien wir benutzen, was wir mehrfach verwenden können. Momentan bauen wir für jede Ausstellung eine neue „Bühne“. Dieser ökologische Aspekt spielte im gesamten Ausstellungsbetrieb bisher eine untergeordnete Rolle, aber es wird ein auch politisch erzwungenes Umdenken stattfinden müssen.

Was haben Sie aus der Flutkatastrophe in Ahrweiler gelernt? Unter anderem in Trierer Museen werden beschädigte Stücke von dort gelagert.

DÜHR Der Bestand aus Ahrweiler ist über die ganze Republik verteilt: Außer bei uns zum Beispiel in Mainz, Frankfurt oder Köln. Notfallpläne waren immer ein ganz zentrales Thema im Museumsverband Rheinland-Pfalz, und es hat sich jetzt bestätigt, wie wichtig sie sind. Wer ist zu unterrichten, wo findet man Gefrieranlagen für durchfeuchtete Urkunden und Grafiken? Außerdem werden Mittel vom Bund zur Einrichtung von Kulturgutschutz-Task-Forces freigegeben. In unserer Partnerstadt Weimar ist der städtischen Feuerwehr ein ganzer Zug für dieses Kulturgutschutz angegliedert. Diesen Zug haben wir vom Museumsverband für Ahrweiler angefragt. Weimar hat ihn nach dem Brand in der Anna-Amalia-Bibliothek eingerichtet.

Wie steht es mit der Sicherheit der Magazine?

DÜHR Natürlich müssen jetzt alle Museen noch einmal überlegen, was mit ihren Magazinen ist. Wo liegen sie? Wie kann man mit relativ geringem Aufwand ihre Sicherheit verstärken – denken wir auch an den versuchten Raub des Goldschatzes im Trierer Landesmuseum. Aber die Katastrophe in Ahrweiler lässt sich nicht mit einem normalen Hochwasser vergleichen. Das dortige Magazin war in einer Tiefgarage untergebracht. Der gesamte Bestand hat über eine Woche im Wasser gestanden, bis man den Eingang freigeräumt und die Tiefgarage leer gepumpt hatte. Ein Teil der Magazine des Simeonstifts befindet sich in unterirdischen, klimatisch günstigen Bunkern. Es muss dort nicht gekühlt oder geheizt werden. Das ganze Jahr über herrscht eine Temperatur von zwölf Grad. Wir müssen dort nur Entfeuchten.

Die konservatorische Aufgabe der Museen kostet viel Energie. Was tut sich da angesichts der Klimakrise?

DÜHR Vor vier oder fünf Jahren hat es zum Beispiel ein großes mit Bundesmitteln gefördertes Programm gegeben, um konventionelle Strahler gegen LED-Strahler auszutauschen. In unserem Haus hängen etwa 1000 Strahler, und wir haben bei der Beleuchtung eine Energieersparnis von 80 Prozent erreicht. Wir beziehen seit dem Neubau 2007 unsere Energie über Erdwärme. Ich hätte damals auch gerne Sonnenpaneele auf dem Dach des Neubaus gehabt, aber das war mit der Denkmalpflege nicht zu machen, weil das Gebäude so nah an der Porta Nigra steht. Ich glaube, bei der geänderten Bewusstseinslage würde man das heute genehmigen. Bei den Museumsbauten wird man wie bei allen öffentlichen Bauten einen Fokus auf Einsparmaßnahmen legen.

Alleine das Ansteigen der Temperaturen wird die Museen künftig sicher fordern.

DÜHR In der Klimatechnik werden sicherlich noch viele Neuerungen nötig sein. Schon jetzt gehen bei den teils hohen Temperaturen unserer Sommer einige Klimaanlagen in die Knie. Unsere 2006 gebaute Anlage ist bis auf Außentemperaturen von 34 Grad ausgerichtet, und wir müssen, wenn es richtig heiß ist, Volllast fahren. Vor zwei, drei Jahrzehnten hat man sich darüber keine Gedanken gemacht. Aber die Energieeffizienz wird sich auch unter haushaltspolitischen Gesichtspunkten in den Vordergrund schieben.

Was kann diese Kostensteigerung langfristig für die Museen bedeuten?

DÜHR Wenn die Energiekosten für konservatorische Aufgaben am Gesamtbudget steigen, müssen die Budgets der Museen angeglichen werden. Die Kommunen haben gelernt, das kann ich für Trier sagen, dass Kulturinstitutionen nicht nur Geld kosten, sondern auch Einnahmen bringen. Für die Landesausstellungen ist der Gewinn ganz klar errechnet, sonst würden wir dafür nie so viel Geld bekommen. Die Marx-Ausstellung 2018 hat in Trier für über acht Millionen Euro netto an Wertschöpfung gesorgt.

Wie ist Ihre Einschätzung für die 2022 anstehende große Landesausstellung „Der Untergang des Römischen Reiches“?

DÜHR Ich sehe derzeit alles unter dem Vorbehalt der Corona-Pandemie. Wir sind sehr gespannt, ob uns das Virus schwere Steine in den Weg legen wird. Ich hoffe nicht, dass uns das Schicksal der letzten großen Landesausstellung in Mainz „Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht“ ereilt – mit fantastischen Exponaten, aber mit sehr eingeschränkter Öffnung für das Publikum. Die Ausstellung selbst wird toll, da mache ich mir gar keine Gedanken.

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